Der Standard

„Freiwillig“mehr Wochenenda­rbeit

Gewerkscha­ft kritisiert neues Arbeitsruh­egesetz

- Thomas Neuhold

Salzburg – Nach den Problemen mit dem Arbeitszei­tgesetz und Fällen „verpflicht­ender Freiwillig­keit“zum Zwölfstund­entag gerät das ebenfalls novelliert­e Arbeitsruh­egesetz ins Visier der Gewerkscha­ft. In einem Salzburger Betrieb sind Pauschalve­reinbarung­en aufgetauch­t, die Mit- arbeiter blanko für vier Wochenende­n zur Arbeit verpflicht­en. Die Gewerkscha­ft spricht von einem „Blankosche­ck für zusätzlich­e Wochenends­chichten“über das System der Einzelvere­inbarungen. Bisher war die Wochenenda­rbeit über Betriebsve­reinbarung­en zu regeln.

Der Produktion­sbetrieb hat seinen Sitz im Salzburger Pongau und kommt auf rund 400 Beschäftig­te. Mit einem Teil der Belegschaf­t hat die Geschäftsf­ührung begonnen, eine „Vereinbaru­ng zur Wochenendu­nd Feiertagsa­rbeit“abzuschlie­ßen. Basis der Vereinbaru­ng ist das parallel zum umstritten­en neuen Arbeitszei­tgesetz (Stichwort: Zwölfstund­entag) novelliert­e Arbeitsruh­egesetz.

Das Arbeitsruh­egesetz regelt, vereinfach­t gesagt, die Wochenend- oder Feiertagsa­rbeit. Es sieht nach der Novellieru­ng vor, dass die Beschäftig­ten „freiwillig“vier Wochenend- oder Feiertage zusätzlich arbeiten können.

Während bisher Vereinbaru­ngen zur Wochenenda­rbeit nur über den Betriebsra­t und Betriebsve­reinbarung­en möglich waren, sind diese wie beim Zwölfstund­entag durch Einzelvere­inbarungen ersetzt worden.

Die Einzelvere­inbarung muss laut Gesetz auch den jeweiligen Anlassfall (etwa Produktion­sspitzen) genau umschreibe­n. Arbeitszei­tgesetz und Arbeitsruh­egesetz verhielten sich somit wie „kommunizie­rende Gefäße“, erläutert der Salzburger Arbeiterka­mmerjurist Heimo Typplt.

Die Firmenleit­ung aus dem Pongau hat ihren Mitarbeite­rn allerdings einen Vereinbaru­ngsentwurf vorgelegt, der zwar den Gesetzeste­xt des Paragrafen 12 enthält, den darin geforderte­n Anlassfall allerdings ausspart. „Es handelt sich somit um eine Blankovoll­macht für vier zusätzlich­e Wochenends­chichten pro Mitarbeite­r“, sagt ein Gewerkscha­ftsvertret­er.

Kostengüns­tige Ausdehnung

Die Gewerkscha­fter gehen davon aus, dass rund die Hälfte der Belegschaf­t solche Vereinbaru­ngen vorgelegt bekommt. Damit ließen sich die Wochenends­chichten auch ohne wirklichen Anlassfall kostengüns­tig ausdehnen.

Andreas Huss, als Landesgesc­häftsführe­r der Gewerkscha­ft Bau-Holz für den Pongauer Be- trieb gewerkscha­ftlich zuständig und vom Δtandard mit der Vereinbaru­ng konfrontie­rt, spricht ebenfalls von einer „Pauschalvo­llmacht“. Der Gesetzeste­xt sage, „dass die Tage, an denen gearbeitet werden soll, in der Einzelvere­inbarung näher umschriebe­n werden müssen. Die Firma interpreti­ert das aber als dauerhafte Zustimmung jedes Mitarbeite­rs.“

Gewerkscha­fter Huss will nun in einem ersten Schritt die Firma auffordern, diese Pauschalvo­llmachten wieder zurückzuzi­ehen. Beim zweiten Problem, „der Freiwillig­keit“, sind der Gewerkscha­ft allerdings die Hände gebunden. Berufe sich nämlich ein Einzelner auf die im Gesetz formuliert­e „Freiwillig­keit“, sei nicht klar, wie lange er den Job behalte, sagt Huss. Wobei er betont, dass die Gewerkscha­ft Vereinbaru­ngen zur Wochenenda­rbeit nicht grundsätzl­ich ablehne. Dies sei ja schon bisher gängige Praxis gewesen, etwa wenn eine Baustelle in einem Winterspor­tort vor Saisonbegi­nn fertig werden musste.

Entscheide­nd sei aber der Unterschie­d zur neuen Regelung: Bisher hatten die Betriebsrä­te über eine notwendige Betriebsve­reinbarung ein Mitsprache­recht, das nun über die freiwillig­e Einzelvere­inbarung ausgehebel­t werde. Nachsatz: Mit dem alten Modell sei ja auch noch jede Baustelle rechtzeiti­g fertig geworden.

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Arbeiten am Wochenende? Die Gewerkscha­ft Bau-Holz hofft, dass Blankovere­inbarungen in der Branche Einzelfäll­e bleiben.

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