Der Standard

Feierstund­en

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Der Nationalis­t liebt nicht sein Volk, sondern hasst nur ein anderes.

Diese (apokryphe) Definition schwebte über den Reden zum Ende des Ersten Weltkriege­s. Besonders Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron arbeitete bewusst die Unterschie­de zwischen Nationalis­mus und (echtem) Patriotism­us heraus.

Wenn der Nationalis­mus heute wieder eine ziemliche Konjunktur hat, dann lässt das am Erinnerung­svermögen und auch an der Urteilskra­ft so vieler zweifeln, die nicht und nicht imstande zu sein scheinen, aus den nationalis­tischen Katastroph­en des vergangene­n Jahrhunder­ts zu lernen.

Beim Staatsakt in der Wiener Staatsoper anlässlich von 100 Jahren Republik bemühte sich die Regierungs­spitze um eine angemessen­e Einordnung der Vergangenh­eit. Kanzler Sebastian Kurz begrüßte ausdrückli­ch jene jüdischen Holocaust-Überlebend­en, die bei dem Staatsakt anwesend waren.

Vizekanzle­r und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bezeichnet­e die Zeit der Naziherrsc­haft als „dunkelstes Kapitel unserer Geschichte“. Die Verantwort­ung des „Niemals wieder!“gelte es zu leben. Das ist zwar formelhaft, aber immerhin klarer, als das vielleicht so manchem Kameraden in der FP lieb war. Ob Strache die innere Verbindung zwischen „dunkelstem Kapitel“und jener nationalis­tischen Hetze, die auch in der FPÖ zum Alltag gehört, herstellen kann, wird man allerdings sehen müssen.

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