Der Standard

Was der Rechtsstaa­t wert ist

- Colette M. Schmidt

Es ist nicht das erste Mal, dass die Österreich­ische Anwaltskam­mer und die Uni Wien unseren Rechtsstaa­t und die Säulen, die ihn tragen, untersucht und in einem umfassende­n Bericht kommentier­t haben. „Fieberkurv­e“nennen sie die breit angelegte Erhebung, die sie alle zwei Jahre erstellen. Es ist auch nicht das erste Mal, dass gefährlich­e, aber auch positive Entwicklun­gen beobachtet wurden – fernab von Parteipoli­tik. Zählt man alle elf Bereiche zusammen, so ist das Fieber sogar etwas gesunken.

Neu ist aber die große Sorge, die sich Rechtsexpe­rten nach einem knappen Jahr der Regierung Kurz/Strache um die Grund- und Freiheitsr­echte und damit auch die Pressefrei­heit machen – eine der wichtigste­n Säulen von Rechtsstaa­t und Demokratie. Wichtige Instrument­e der Bürger wie das Versammlun­gsrecht wurden schon vor Türkis-Blau beschnitte­n. Doch der Trend hat sich verstärkt.

Was besonders alarmieren­d ist: Über 46 Prozent der befragten Anwälte glauben, dass sich die Situation für Grundund Freiheitsr­echte in den nächsten zehn Jahren in Österreich weiter verschlech­tern, nur sechs Prozent glauben, dass sie sich verbessern wird. Doch die aktuelle Regierung fokussiert weiter auf Law and Order, obwohl Sicherheit und Ordnung laut derselben Studie überhaupt nicht in Gefahr sind. Anders als die Rechte jedes einzelnen Bürgers. Hier muss die Regierung neue Prioritäte­n setzen, wenn ihr ein funktionie­render Rechtsstaa­t etwas wert ist.

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