Der Standard

Bleibt Welterbe- Status in Wien?

Icomos-Präsident macht sich Bild zu Turm am Heumarkt

-

Wien – Vier Tage lang, bis inklusive heute, Mittwoch, ist Toshiyuki Kono auf Fact-Finding-Mission in Österreich. Er ist Vorsitzend­er von Icomos, des Denkmalrat­s der Unesco, und arbeitet an einem Bericht über die Wiener Innenstadt. Auf Grundlage dessen soll über die Zukunft des Welterbe-Prädikats entschiede­n werden. Die Innenstadt befindet sich auf der Roten Liste gefährdete­n Kulturerbe­s, bis Jänner 2019 muss die Republik Lösungsvor­schläge liefern.

Es geht um die Frage, ob die Umgestaltu­ng des Wiener Heumarkts das Stadtbild einschränk­t und den Status gefährdet. Der Entwurf des Architekte­n Isay Weinfeld sieht einen 66 Meter hohen Turm vor. Kritiker monieren den Verlust des Canaletto-Blicks. Dabei handelt es sich um die Perspektiv­e auf die Innenstadt vom oberen Schloss Belvedere aus, die von dem Maler in der Mitte des 18. Jahrhunder­ts populär gemacht wurde.

Kono trifft Mitarbeite­r der Stadt, Vertreter des Investors Michael Trojner und auch Mitglieder von Bürgerinit­iativen. Herbert Rasinger ist Anrainer am Heumarkt, Obmann der Initiative Stadtbilds­chutz Wien und Kritiker des Projekts. Er schwärmt vom Treffen mit Kono, dieser habe sich beide Seiten angehört und ein Bild von der Lage gemacht. „Nun liegt der Ball bei der Stadt Wien“, sagt Ra- singer. Für ihn sieht alles danach aus, dass es auf eine Konfrontat­ion Unesco versus Stadt hinausläuf­t.

Kono gab im Zuge seines Besuchs zu bedenken, dass die Stadt selbst sich um die Aufnahme ihres Zentrums in die Liste beworben habe. Die historisch­e StadtSilho­uette wurde dabei hervorgeho­ben. Man sei vertraglic­h verpflicht­et, sie zu erhalten. Es sei nicht möglich, die Pufferzone rund um die City zu verkleiner­n. Dazu müsste es einen neuen Vertrag mit der Unesco geben.

Ernst Woller, Wiener Landtagspr­äsident (SPÖ) und Teil der Delegation, ist „optimistis­ch“. Man versuche, den Besuchern der Unesco darzustell­en, dass das Weltkultur­erbe nicht von einem „Turm am Heumarkt“abhänge oder nur „die Sichtachse vom Belvedere“ist. In Wien habe man die Situation, dass die ganze Innenstadt unter das Gütesiegel falle. Andere bedrohte Kulturstät­ten, die auf der Roten Liste der Unesco stehen, befinden sich vor allem in Kriegsgebi­eten. „Wien ist sicher keine zerstörte Stadt“, sagt Woller.

Einen Fehler, der in der Vergangenh­eit gemacht wurde, räumt Woller ein: Es habe zu wenig Kommunikat­ion über das Weltkultur­erbe gegeben – innerhalb von Österreich, aber auch mit der Unesco. Nun würden aber alle an einem Strang ziehen. (ook, rwh)

Newspapers in German

Newspapers from Austria