Zum 70. Geburtstag eines Thronfolgers
Prinz Charles wird heute, Mittwoch, 70 Jahre alt. In diesem rüstigen Alter übernimmt er immer häufiger Aufgaben als britischer Prinzregent. Aber auch sein Nachwuchs nimmt ihn in die Pflicht.
Charles Philip Arthur George. Prinz von Wales. Herzog von Cornwall in England und Rothesay in Schottland. Und der am längsten wartende Thronfolger in der englischen Geschichte. Heute, Mittwoch, wird er 70 Jahre alt. In einem Lebensabschnitt, da die meisten seiner Zeitgenossen längst im Ruhestand sind oder sich zumindest darauf vorbereiten, übernimmt er von seiner Mutter, Queen Elizabeth II, immer häufiger die Aufgaben als Prinzregent.
Es gab Lebensphasen, in denen dem als grüblerisch beschriebenen Prinzen Amtsunlust nachgesagt wurde. Genauer gesagt: Er fühle sich in seiner Rolle als aktiver Kronprinz so wohl, so diverse Medienberichte, dass ihm die notgedrungen politisch neutrale Rolle als Monarch zuwider sei. Die Rede war sogar davon, die Institution könne einfach eine Generation überspringen und Charles’ ältesten Sohn William auf den Thron hieven.
Dabei klang darin lediglich der Zwiespalt durch, den wohl viele Menschen in vergleichbarer Lage wahrnehmen würden: dass nämlich der Tag der Thronübernahme gleichzeitig der Todestag seiner Mutter sein wird. Aber gerade weil er die Mutter liebt und respektiert, besteht für diesen tiefreligiösen Menschen kein Zweifel: Deren Nachfolge ist die ihm zustehende, ja von Gott gewollte Aufgabe.
In einer vergangene Woche ausgestrahlten BBC-Dokumentation wird Charles ausdrücklich angesprochen auf sein Image als „Prinz, der sich einmischt“– und auf die Besorgnis, er wolle sich, anders als die hochrespektierte Throninhaberin, in seiner eigenen Amtszeit auch weiterhin zu kontroversen Themen zu Wort melden. „Nein, das mache ich nicht“, faucht der Prinz. „So blöd bin ich auch wieder nicht. Ich verstehe vollkommen, dass dies zwei unterschiedliche Rollen sind.“
Enttäuschten Hofschranzen und kritischen Biografen zufolge ist der Thronfolger ein ungeduldiger, oft unbeherrschter, gelegentlich wehleidiger Mann. Die einzigartige Position hat in ihm aber auch von Kindheit an das Bedürfnis geweckt, seine Pflicht zu tun und anderen zu nützen.
Kredite für junge Leute
Sein Prince’s Trust unterstützt seit Jahrzehnten junge Leute mit Existenzgründerkrediten und Beratung, sein Duchy-of-CornwallLabel leistete Pionierarbeit für Bionahrung. Häufig war der Thronfolger der öffentlichen Meinung voraus, etwa mit seinem Eintreten für Recycling und naturnahe Landwirtschaft. Manchmal setzte sich Charles auch heftiger Kritik aus, etwa wenn er für alternative Medizin Werbung machte. „Er spürt den Zwang, etwas zu bewirken“, glaubt Catherine Mayer, eine seiner besten Biografinnen.
Vergessen sind die schwierigen Jahre im Schatten seiner glamourösen ersten Frau Diana, die vor 21 Jahren 36-jährig ums Leben kam. Das liegt gewiss auch daran, dass der Prinz von Wales nun, was die Medienaufmerksamkeit angeht, in einem für ihn leichteren Schatten lebt, nämlich dem seiner Söhne William und Harry sowie deren Frauen Catherine und Meghan. Und die drei Enkelkinder – im Frühjahr folgt dann Meghans und Harrys erster Nachwuchs – sollen, so Williams Wunsch, zukünftig noch mehr Aufmerksamkeit des Großvaters genießen. Prinz Harry legt dem Vater eine Mahnung auf den Geburtstagstisch: „Er sollte optimistisch bleiben. Es ist so leicht, mutlos zu werden.“
Tatsächlich liegt darin vielleicht Charles’ größte Herausforderung. Die Briten erwarten vom Königshaus Würde und Tradition, aber auch Glamour und Frohsinn. Das Schwelgen in Weltuntergangsszenarien überlassen sie anderen. Weniger Schwermut, mehr Leichtsinn – mal sehen, ob der Prinz im achten Lebensjahrzehnt nach diesem Motto leben mag.