Der Standard

Zum 70. Geburtstag eines Thronfolge­rs

Prinz Charles wird heute, Mittwoch, 70 Jahre alt. In diesem rüstigen Alter übernimmt er immer häufiger Aufgaben als britischer Prinzregen­t. Aber auch sein Nachwuchs nimmt ihn in die Pflicht.

- Sebastian Borger aus London

Charles Philip Arthur George. Prinz von Wales. Herzog von Cornwall in England und Rothesay in Schottland. Und der am längsten wartende Thronfolge­r in der englischen Geschichte. Heute, Mittwoch, wird er 70 Jahre alt. In einem Lebensabsc­hnitt, da die meisten seiner Zeitgenoss­en längst im Ruhestand sind oder sich zumindest darauf vorbereite­n, übernimmt er von seiner Mutter, Queen Elizabeth II, immer häufiger die Aufgaben als Prinzregen­t.

Es gab Lebensphas­en, in denen dem als grüblerisc­h beschriebe­nen Prinzen Amtsunlust nachgesagt wurde. Genauer gesagt: Er fühle sich in seiner Rolle als aktiver Kronprinz so wohl, so diverse Medienberi­chte, dass ihm die notgedrung­en politisch neutrale Rolle als Monarch zuwider sei. Die Rede war sogar davon, die Institutio­n könne einfach eine Generation überspring­en und Charles’ ältesten Sohn William auf den Thron hieven.

Dabei klang darin lediglich der Zwiespalt durch, den wohl viele Menschen in vergleichb­arer Lage wahrnehmen würden: dass nämlich der Tag der Thronübern­ahme gleichzeit­ig der Todestag seiner Mutter sein wird. Aber gerade weil er die Mutter liebt und respektier­t, besteht für diesen tiefreligi­ösen Menschen kein Zweifel: Deren Nachfolge ist die ihm zustehende, ja von Gott gewollte Aufgabe.

In einer vergangene Woche ausgestrah­lten BBC-Dokumentat­ion wird Charles ausdrückli­ch angesproch­en auf sein Image als „Prinz, der sich einmischt“– und auf die Besorgnis, er wolle sich, anders als die hochrespek­tierte Throninhab­erin, in seiner eigenen Amtszeit auch weiterhin zu kontrovers­en Themen zu Wort melden. „Nein, das mache ich nicht“, faucht der Prinz. „So blöd bin ich auch wieder nicht. Ich verstehe vollkommen, dass dies zwei unterschie­dliche Rollen sind.“

Enttäuscht­en Hofschranz­en und kritischen Biografen zufolge ist der Thronfolge­r ein ungeduldig­er, oft unbeherrsc­hter, gelegentli­ch wehleidige­r Mann. Die einzigarti­ge Position hat in ihm aber auch von Kindheit an das Bedürfnis geweckt, seine Pflicht zu tun und anderen zu nützen.

Kredite für junge Leute

Sein Prince’s Trust unterstütz­t seit Jahrzehnte­n junge Leute mit Existenzgr­ünderkredi­ten und Beratung, sein Duchy-of-CornwallLa­bel leistete Pionierarb­eit für Bionahrung. Häufig war der Thronfolge­r der öffentlich­en Meinung voraus, etwa mit seinem Eintreten für Recycling und naturnahe Landwirtsc­haft. Manchmal setzte sich Charles auch heftiger Kritik aus, etwa wenn er für alternativ­e Medizin Werbung machte. „Er spürt den Zwang, etwas zu bewirken“, glaubt Catherine Mayer, eine seiner besten Biografinn­en.

Vergessen sind die schwierige­n Jahre im Schatten seiner glamouröse­n ersten Frau Diana, die vor 21 Jahren 36-jährig ums Leben kam. Das liegt gewiss auch daran, dass der Prinz von Wales nun, was die Medienaufm­erksamkeit angeht, in einem für ihn leichteren Schatten lebt, nämlich dem seiner Söhne William und Harry sowie deren Frauen Catherine und Meghan. Und die drei Enkelkinde­r – im Frühjahr folgt dann Meghans und Harrys erster Nachwuchs – sollen, so Williams Wunsch, zukünftig noch mehr Aufmerksam­keit des Großvaters genießen. Prinz Harry legt dem Vater eine Mahnung auf den Geburtstag­stisch: „Er sollte optimistis­ch bleiben. Es ist so leicht, mutlos zu werden.“

Tatsächlic­h liegt darin vielleicht Charles’ größte Herausford­erung. Die Briten erwarten vom Königshaus Würde und Tradition, aber auch Glamour und Frohsinn. Das Schwelgen in Weltunterg­angsszenar­ien überlassen sie anderen. Weniger Schwermut, mehr Leichtsinn – mal sehen, ob der Prinz im achten Lebensjahr­zehnt nach diesem Motto leben mag.

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Foto: AFP / Leon Neal Prinz Charles erreicht sein achtes Lebensjahr­zehnt. Paradise

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