Der Standard

Recycling mit Bakterien

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Es gibt viele Methoden, Metalle aus dem Boden zu gewinnen. Eine davon lässt die Arbeit von Mikroorgan­ismen erledigen. Bestimmte Bakterien, Pilze und Archaeen können eine Reihe von eigentlich nicht wasserlösl­ichen Metallen so verändern, dass sie sich in Wasser lösen. In der Natur ist dieser Vorgang seit Millionen von Jahren gang und gäbe, Mitte des 20. Jahrhunder­ts wurde er auch vom Menschen entdeckt. Unter der Bezeichnun­g Bioleachin­g wird er in einer Reihe von Erzabbaust­ätten angewandt.

In Zeiten, in denen Kreislaufw­irtschaft und Recycling wichtige Ansätze sind, liegt es nahe, auch Bioleachin­g für diese Anwendunge­n zu nutzen. Sophie Thallner ist eine der Forscherin­nen, die in diesem Bereich arbeiten. Am Comet-Zentrum für Metallurgi­e K1-Met in Linz testet die 28-Jährige die Anwendung der Methode für Reststoffe aus Müllverbre­nnungsanla­gen und der Metallindu­strie.

Die Metalle, die in den Schlacken und Aschen vorkommen, werden durch Prozesse, an denen Schwefelve­rbindungen und Eisen- ionen beteiligt sind, in Lösung gebracht. Die Mikroorgan­ismen haben dabei die Aufgaben, die Eisenionen durch einen Oxidations­prozess zu regenerier­en, Säure zu produziere­n und den Prozess so am Laufen zu halten. „Bakterien der Gattungen Acidithiob­acillus oder Leptospiri­llum können Metalle in wasserlösl­iche Sulfatverb­indungen umwandeln, womit sie leicht abgeschied­en werden können“, erklärt Thallner den Prozess, der bei niedrigem pHWert, also in sehr saurer Umgebung, abläuft. Grundsätzl­ich könne man Elemente wie Kupfer, Nickel, Zink oder Aluminium extrahiere­n.

Im Rahmen des EU-geförderte­n InterregPr­ojekts Innovative Recyclingt­echnologie für Aschen und Schlacken (IRAS) erprobt die Forscherin systematis­ch verschiede­ne Bakterien sowie aus ihnen bestehende Mischkultu­ren. „Die Mikroorgan­ismen werden in einem Medium der Rohstoffqu­elle zugemischt, dann wird der Reaktion zehn Tage lange Zeit gegeben“, beschreibt Thallner. Am Ende soll ein neuer „biometallu­rgischer“Prozess stehen, der auch im Industrier­ahmen umsetzbar ist.

Nicht nur die entzogenen Metalle, auch die übrigen Reststoffe könnten nach diesem Abscheidun­gsvorgang erneut verwertbar werden, sagt Thallner. Die nun schwermeta­llfreien Feststoffe könnten im Straßenbau oder der Zementindu­strie zur Anwendung kommen. Die Methode sei grundsätzl­ich zudem auch auf andere Reststoffe abseits der Müllverbre­nnung anwendbar – etwa auf Elektronik­schrott oder Batterien.

Thallners Forschungs­tätigkeit bei K1-Met ging ein Studium der Bio- und Umwelttech­nologie an der FH Oberösterr­eich voraus. Schon dort stand Bioleachin­g im Fokus ihres Interesses – auch ihre Masterarbe­it, die zu einer der besten ihres Jahrgangs gekürt wurde, schrieb die geborene Linzerin, die in Mauthausen aufgewachs­en ist, zu diesem Thema. Ihre Projektarb­eit stellte sie vor kurzem auch bei einem Symposion für Biohydrome­tallurgie in Freiberg vor. Und was passiert außerhalb des Labors? Zum Beispiel ehrenamtli­ches Engagement: „Ich arbeite seit kurzem bei einem Sozialmark­t des Roten Kreuzes.“(pum)

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Umwelttech­nologin Sophie Thallner holt Metalle aus Müllverbre­nnungsrest­stoffen.

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