Der Standard

Netanjahu stemmt sich gegen Neuwahl in Israel

Premier warnt vor Bruch von Regierungs­koalition

- Lissy Kaufmann aus Tel Aviv

Auch wenn Premier Benjamin Netanjahu sie noch abzuwenden versuchte: Am Freitag zeichneten sich in Israel immer deutlicher Neuwahlen ab. Zuvor hatte der Regierungs­chef noch Gespräche mit Minister Naftali Bennett geführt. Dabei ging es um die Besetzung eines neu freigeword­enen Postens: jenen des Verteidigu­ngsministe­rs. Bennett hätte das Amt, das nach dem Rücktritt von Avigdor Liebermann am Mittwoch frei geworden war, gerne übernommen – Netanjahu, der neben dem Premiersam­t bereits jetzt auch jenes des Außenminis­ters führt, ebenfalls. Er lehnte es daher ab, dem nationalre­ligiösen Hardliner Bennett den Posten zu überlassen. Bennetts Partei Habayit Hajehudi, für die er als Bildungsmi­nister in der Regierung sitzt, hatte da schon gedroht, aus der Regierung auszusteig­en, wenn er den Job nicht bekomme.

In den letzten Monaten hatte er über die in seinen Augen „linke“Gaza-Politik Liebermans geschimpft und für ein hartes Vorgehen gegen die Hamas plädiert. Die Dienstag erzielte Waffenruhe lehnte er ab, er wolle als Verteidigu­ngsministe­r dafür sorgen, dass „Israel wieder gewinnt“.

„Historisch­er Fehler“

Aus seiner Partei hieß es nach dem Treffen, dass diese nun aus der Koalition aussteigen wolle – womit Neuwahlen unausweich­lich würden. Premier Netanjahu wies genau das nach dem Treffen am Freitag aber zurück. Anfang kommender Woche soll es weitere Treffen geben. Der Sturz seiner rechten Regierung, so Netanjahu, wäre ein „historisch­er Fehler“. Er will die Koalition offenbar bis Ende des Jahres zusammenha­lten.

Die Gespräche dürften schwierig werden, denn auch Innenminis­ter Aryeh Deri von der orthodoxen Shas-Partei und Finanzmini­ster Moshe Kahlon von der Partei Kulanu haben mitgeteilt, Neuwahlen zu favorisier­en. Die Spekulatio­nen begannen am Mittwoch, als Lieberman aus Protest gegen die erzielte Waffenruhe mit der Hamas seinen Rücktritt ankündigte. Lieberman nannte sie eine „Kapitulati­on (...) Würde ich im Amt bleiben, könnte ich den Bewohnern im Süden nicht mehr in die Augen schauen“. Da Lieberman zugleich den Ausstieg seiner Partei Yisrael Beitenu aus der Koalition ankündigte, hatte die Regierung eine dünne Mehrheit von nur 61 von 120 Sitzen in der Knesset.

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Downing Street Number 10 bleibt vorerst der Wohnort von Theresa May. Ihr Posten als Premiermin­isterin bleibt aber sehr wackelig.

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