Der Standard

Größte Apple- Sammlung der Welt treibt Wiener in den Ruin

Fast niemand kennt Apple so gut wie Roland Borsky. Seiner jahrzehnte­alten Sammlung der Produkte des Konzerns droht nun das Aus

- Daniel Koller

Es gibt nur sehr wenige Unternehme­n auf der Welt, die eine derart treue Anhängersc­haft haben wie Apple. Der ITKonzern aus Cupertino hat es vorrangig seinen Fans zu verdanken, dass das Unternehme­n im Juni 2018 den historisch­en Börsenwert von einer Billion Dollar gesprengt hat. Seit längerem zeichnet sich allerdings ein Bruch zwischen der loyalen Gefolgscha­ft und Apple ab. Die Produkte seien zu teuer, nicht mehr wirklich innovativ, und unter dem ehemaligen CEO Steve Jobs habe alles anders ausgesehen – so der Tenor der enttäuscht­en Fans.

Einer, der auch nicht mehr so ganz weiß, wie es mit der Beziehung zu seiner geliebten Firma weitergehe­n soll, ist der 53-jährige Wiener Roland Borsky. Der Mann hat nämlich die größte Apple-Sammlung der Welt, die kurz vor dem Aus steht.

Als Borsky in den 1980ern erstmals mit dem Konzern in Berührung kam, hätte er sich wohl nicht erträumt, dass es ihn irgendwann fast in den Privatkonk­urs treiben würde. Damals arbeitete er als Techniker, sein erstes Treffen mit einem Mac dauerte bis 5.00 Uhr früh an – derart begeistert war er von dem Computer. Also sparte er ein paar Monate lang Geld an, um sich seinen ersten Apple-Rechner zu kaufen. Nicht nur privat begleitete die US-Firma den Mann seither, sondern auch beruflich. So arbeitete er eine Zeitlang als AppleTechn­iker bei mehreren Firmen und machte sich 1996 selbststän­dig, um Macs und Co zu reparieren.

Die heutige Sammlung des Mannes umfasst jahrzehnte­alte, originalve­rpackte Mac-Software, Apple-Poster aus den vergangene­n drei Jahrzehnte­n und natürlich sämtliche Hardware, die der Konzern jemals herausgebr­acht hat – ein teures Hobby. Denn Borskys Sammlung braucht natürlich Platz. Gelagert ist diese in Niederöste­rreich und im Macximum, dem Reparaturg­eschäft des 53Jährigen im sechsten Bezirk in Wien. Lange kann der Mann aber nicht mehr zwischen all seinen Macs stehen, denn bis Ende Dezember muss alles weg. 20.000 Euro Schulden hat er mit den Lagerkoste­n für die Apple-Hardware angehäuft. Borsky muss handeln, sonst wird seine Leidenscha­ft Stück für Stück verscherbe­lt.

Bei Apple will man von dem loyalen Kenner nichts wissen. Mehrmals hat der Mann dem Unternehme­n angeboten, ein Museum aufzubauen. In der Sammlung des Wieners befindet sich zum Teil eine einzigarti­ge Zeitgeschi­chte der US-Firma, trotzdem stößt Borsky bei dem Konzern auf taube Ohren. „Heutige IT-Unternehme­n wollen mit ihrer Vergangenh­eit nicht mehr konfrontie­rt werden. Für sie sind nur das Jetzt und die Zukunft wichtig“, mutmaßt der 53-Jährige. Dabei kennt wohl kein anderer Apple so gut wie Borsky. Er beschäftig­t sich seit Jahrzehnte­n mit dem Innenleben der Hardware und hat tausenden Geräten ein neues Leben geschenkt.

Dem Fan läuft die Zeit davon

20.000 Euro wurden ihm bereits für alles angeboten. Der tatsächlic­he Wert dürfte aber weit höher liegen. Seit einer Weile bekommt der Mann deshalb Angebote aus der ganzen Welt für seinen Schatz an Apple-Geschichte. Man merkt Borsky allerdings an, dass ihm Geld egal ist. Er will einfach nur, dass seine Sammlung irgendwie weiterlebe­n kann. Doch bisher hat sich nach einigen Gesprächen niemand für die Idee eines AppleMuseu­ms mit den Exponaten des Wieners begeistern können. Dabei könnte man so viel über das wertvollst­e Unternehme­n der Welt und die Geschichte des Computers lernen.

Wie es nun in den entscheide­nden Wochen weitergeht, weiß der Mann nicht. Seit Anfang November bietet er keine Reparature­n mehr an. Der neue Apple-Store auf der Kärntner Straße hätte ihm das Geschäft versaut. Jenes Unternehme­n, mit dem sich der 53-Jährige seit Jahrzehnte­n beschäftig­t, hat also dafür gesorgt, dass er seine Leidenscha­ft nicht mehr weiterlebe­n kann. Der Wiener hat langsam angefangen, sich von seiner Sammlung zu trennen. Er verkauft Geräte der vergangene­n Jahre zu einem günstigen Preis – besonders interessie­rte Kunden sieht Borsky am liebsten. Da ist dann auch trotz der Schulden der Verkaufspr­eis sekundär.

Die Hoffnung auf einen Weiterbest­and der Sammlung lebt in dem Mann. Auch wenn Ende Dezember alles vorbei sein wird. Die Stammkunde­n wissen von dem plötzliche­n Ende noch nichts. Ein älterer Mann fragt etwa bei Borsky nach, ob er ihm denn noch etwas schuldig sei. Der Apple-Kenner lächelt nur und verneint. Ob er denn die Uhr an der Wand haben könne, fragt der alte Mann weiter. „Aktuell noch nicht, aber Ende des Jahres eventuell“, antwortet der 53-Jährige. Bis dahin sei laut Borsky aber noch sehr viel Zeit.

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Foto: Reuters/Foeger Roland Borsky in seinem Geschäft im sechsten Bezirk.

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