Der Standard

Was tun, damit Antibiotik­a wirksam bleiben

Krank ist niemand gern. Lange Zeit galten Antibiotik­a als schnelle Lösung, um wieder gesund zu werden. Doch nun verlieren sie ihre Wirkung. Was Patienten selbst gegen Antibiotik­aresistenz tun können.

- Karin Pollack

Sie beginnt wieder: die Husten- und Schnupfenz­eit. Mitunter können Infekte auch schwerer verlaufen, mit Fieber zum Beispiel. „Es gibt viele Patienten, die ein Antibiotik­um fordern, weil sie schnell wieder fit sein wollen“, berichtet Internist Oskar Janata vom SMZ Ost Donauspita­l Wien. Die Praxis der inflationä­ren Verschreib­ung dieser Medikament­e hat dazu geführt, dass bestimmte Bakterien wie etwa Escherichi­a coli Strategien entwickelt­en, sich gegen die Wirkstoffe zu behaupten.

„Das ist Evolution“, so Janata, und einer der Gründe, warum EU-weite Initiative­n zur Eindämmung der Antibiotik­aresistenz­en anlaufen. „Arznei und Vernunft“heißt die Awareness-Kampagne in Österreich. Federführe­nd dabei ist Erich Singer von der Ethikkommi­ssion der Med-Uni Wien. „Wir sitzen alle im selben Boot und können das Problem nur gemeinsam angehen“, sagt er. Nicht der einzelne Mensch ist immun, sondern Bakterien sprechen nicht mehr auf Medikament­e an.

Die Lage ist ernst. Wie das Europäisch­e Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheite­n (ECDC) unlängst errechnete, sterben 33.000 Menschen jährlich, weil Antibiotik­a nicht mehr wirken.

Viele Ursachen

Das lässt die Alarmglock­en läuten. Zur Eindämmung müssen einerseits ärztliche Verschreib­ungsprakti­ken verändert werden, anderersei­ts sind Behandlung­sroutinen und Hygienemaß­nahmen in Spitälern an die neue Situation anzupassen. Antibiotik­aresistenz­en sind nicht nur im medizinisc­hen Bereich, sondern auch in der Landwirtsc­haft bei Fragen der Viehzucht ein Thema. Dort ist der Antibiotik­aeinsatz in den letzten Jahrzehnte­n ebenfalls massiv gestiegen.

Die gute Nachricht: Im EU-Vergleich steht Österreich nicht schlecht da. Die Antibiotik­aresistenz­en sind rückläufig. Trotzdem mahnt Janata: „Die meisten Infekte sind viral, da können Antibiotik­a, die ja nur gegen Bakterien wirksam sind, nichts“, sagt er und empfiehlt Patienten stets, einige Tage abzuwarten und sich mit Hausmittel­n zu behelfen statt auf fiebersenk­ende Medikament­e zurückzugr­eifen. „Am meisten sorgen sich immer Eltern kleiner Kinder“, dabei könne ein Gespräch mit dem Arzt oft Sorgen nehmen, so Infektiolo­ge Janata.

„Im Kampf gegen Antibiotik­aresistenz geht es um die Zukunft unserer Kinder“, betont ECDC-Programmdi­rektor Dominiqe Monnet, der hofft, dass diese Überzeugun­g sich bei allen Europäern als Leitgedank­e im Krankheits­fall durchsetzt. „Wenn Ärzte vergessen, sich die Hände zu desinfizie­ren, sollten Patienten sie unbedingt erinnern“, sagt er, weil er weiß, dass Verhaltens­änderungen immer eine Zeit dauern, bis sie sich etablieren.

Gemeinsame Anstrengun­g

Janata verschweig­t seinen Patienten auch nicht die Nebenwirku­ngen, die bestimmte Antibiotik­asubstanzk­lassen auslösen können. So können sowohl Makrolide als auch Chinolone Herzrhythm­usstörunge­n auslösen, Letztere erhöhen auch das Risiko einer Achillesse­hnenruptur bzw. eines Aortenriss­es. „Diese Nebenwirku­ngen sollten wir nicht verschweig­en“, so Janata, der sich gegen Panikmache und für einen verantwort­ungsvollen Umgang mit Antibiotik­a einsetzt. Das sei eine gemeinsame Anstrengun­g für die Zukunft, sagt er.

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