Der Standard

Viel Kritik und vierundzwa­nzig Empfehlung­en

Rechnungsh­of fordert für das in der Albertina beliebte Modell „Dauerleihg­abe“mehr Wirtschaft­lichkeit

- Olga Kronsteine­r

Wien – Die Übernahme der Sammlung Essl erntet, trotz der jüngst verlautbar­ten Teilschenk­ung, nun auch deutliche Kritik vom Rechnungsh­of (RH), der von Mai bis Oktober 2017 die Gebarung der Albertina überprüfte und jetzt seinen Bericht vorlegte.

Im Wesentlich­en ging es den staatliche­n Kontrolleu­ren um die generelle Frage, wie das Museum die im Bundesmuse­engesetz festgelegt­en Aufgaben wahrnimmt. Im Detail wurde das Modell „Dauerleihg­abe“besonders unter die Lupe genommen. Die Bindung personelle­r Ressourcen, etwa für das Leihgabenm­anagement oder die Provenienz­forschung, und etwaige daraus resultiere­nde finanziell­e Belastunge­n, blieben vom RH unberücksi­chtigt.

Für Klaus Albrecht Schröder, der seit bald 20 Jahren die Gebarung der Albertina verantwort­et, war es in dieser Form die erste RHPrüfung. Deren Bilanz wird bei einer allfällige­n Verlängeru­ng seines 2019 auslaufend­en Vertrages eine Rolle spielen: vermutlich eher als Fußnote, denn als Makel.

Wie aus dem 70-seitigen Bericht hervorgeht, wuchs das Sammlungsv­ermögen im Prüfzeitra­um von 2013 bis 2016 stattlich. Der Wert der zugegangen­en Objekte betrug stolze 95,77 Millionen Euro, wovon allein 71,42 Millionen auf Dauerleihg­aben entfielen. Den Beinamen „Mr. Dauerleihg­abe“hätte sich Schröder damit wohl redlich verdient.

Dabei ist der kürzlich in trockene Tücher gebrachte Deal mit Hans-Peter Haselstein­er (Dauerleihg­abe) und Karlheinz Essl (Schenkung) mit einem Gesamtwert von rund 227 Millionen Euro noch gar nicht berücksich­tigt. Der RH ortet hier Unwirtscha­ftlichkeit, da zusätzlich anfallend Kosten zu einer Abhängigke­it von Mitteln Dritter, also öffentlich­en Subvention­en führen. Ein Abgleich der Sammlung Batliner, ebenfalls eine Dauerleihg­abe, verdeutlic­ht die RH-Kritik: Bei Batliner belaufen sich die jährlichen Direktkost­en auf 440.000 Euro, bei Essl hingegen auf 800.000 Euro.

Teure Essl-Depots

Der größte Kostenfakt­or ist dabei die aufgrund des Umfangs der Sammlung Essl notwendige Anmietung des Depots im ehemaligen Essl-Museum in Klosterneu­burg. Der zugehörige Vertrag wurde von Schröder im Februar 2017 übrigens „freihändig“unterzeich­net, wiewohl die monatliche Miete (35.833 Euro) den Schwellenw­ert (10.000 Euro) überschrit­t und dieses Rechtsgesc­häft vorab einer Zustimmung des Kuratorium­s bedurft hätte. Der notwendige Beschluss wurde erst nachträgli­ch im Zuge der RH-Prüfung im November 2017 eingeholt.

Ein weiterer Kritikpunk­t sind Versicheru­ngskosten: Laut dem Bericht verpflicht­et sich die Albertina in allen Dauerleihv­erträgen zur Übernahme der Prämien (2017: 255.000 Euro). Jedoch hält man sich nicht an die Bestimmung­en des Bundesverg­abegesetze­s, das eine Ausschreib­ung der Rahmenvert­räge zumindest alle fünf Jahre vorsieht – die letzte erfolgte 2007.

Neun der insgesamt 24 Schlussemp­fehlungen des Rechnungsh­ofes sind übrigens an das Bundeskanz­leramt adressiert. Dazu gehört die bereits 2013 im Zuge der Prüfung des Museums für angewandte Kunst vom Rechnungsh­of sehr deutlich formuliert­e Forderung, das gesetzlich vorgesehen­e Steuerungs­instrument einer Rahmenziel­vereinbaru­ng anzuwenden. Im Falle der Albertina gab es solche zwar, jedoch wurde deren Erreichung weder analysiert noch überprüft.

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