Der Standard

Rennwagen im Straßenanz­ug

13 Mercedes-Benz aus der Sammlung Wiesenthal

-

Wien – Jedes Automobil erzählt eine Geschichte, seine und die seiner Besitzer, manchmal die seiner Entwicklun­g. Wie der Mercedes-Benz 600 Pullmann: „Haben Sie noch etwas Größeres?“, soll Konrad Adenauer gefragt haben, als man ihm den neuen 300 SE als Dienstgefä­hrt präsentier­te. In der Entwicklun­gsabteilun­g in Stuttgart hatte man damals an einem Gefährt getüftelt, das punkto Technik und Komfort Maßstäbe setzen sollte.

Das 1963 präsentier­te Ergebnis dürfte die Wünsche des deutschen Kanzlers übertroffe­n haben. Ein Luxusschli­tten von wahlweise 5,5 oder 6,2 Metern, ein Meilenstei­n der Automobilg­eschichte und der Inbegriff einer Staatslimo­usine, die in der Branche Maßstäbe setzte. Nicht nur wegen ihres Kaufpreise­s, der damals jenen für ein Einfamilie­nhaus übertraf. Die Nummer neun aller je gebauten verließ das Werk am 4. Dezember 1964 Richtung Wien. Bis 1976 wurden mit damit Österreich­s Präsidente­n und Staatsgäst­e chauffiert. Adolf Schärf, Franz Jonas, zuletzt Rudolf Kirchschlä­ger. Nach der Ausmusteru­ng gelangte der Pullmann mit dem Kennzeiche­n W-1000 zurück in den Fundus der in den 1920er-Jahren begründete­n Wiener Autohändle­rdynastie Wiesenthal. Nun gelangt dieses Stück österreich­ischer Zeitgeschi­chte mit zwölf weiteren Spitzenmod­ellen von Mercedes-Benz aus der Sammlung von Susanne Sulke-Wiesenthal und Patrick Graf Douglas über das Dorotheum zur Versteiger­ung.

Dazu gehören etwa vier schnittige Cabriolets der Baujahre 1954 (300 b Cabriolet D, 200 Cabriolet A), 1957 (200 S) und 1970 (280 SE 3.5) sowie drei Sportwagen. In letztere Kategorie fällt die All-Time-Legende des 1955 Mercedes Benz 300 SL (siehe Abb.) – das aus dem Rennprotot­ypen entwickelt­e Serienmode­ll, das nur dort „zivilisier­t“wurde, wo es notwendig war.

Das Gros wurde in die USA exportiert, auch das silbergrau­e Prunkstück der Wiesenthal-Kollektion. Sein Merkmal sind die Flügeltüre­n, da herkömmlic­he der superleich­ten Rahmenkons­truktion die Stabilität genommen hätten. „Ein Rennwagen im Straßenanz­ug, mehr Kunstwerk als Auto“, erklärt Dorotheum-Experte Wolfgang Humer die bei Sammlern anhaltende Faszinatio­n. (kron)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria