Der Standard

Weltensamm­ler, Grenzgänge­r, Preisträge­r

Ilija Trojanow nimmt in Spitz Ehrenpreis entgegen

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Wien – Er ist Romanautor, Essayist, Reporter, Herausgebe­r von Buchreihen, Übersetzer, und auch zwei Verlage hat er (mit)gegründet. Dazu lebte der 1965 in der bulgarisch­en Hauptstadt Sofia geborene Ilija Trojanow, dessen Eltern 1971 mit ihrem Sohn nach Deutschlan­d flüchteten, in Kenia und längere Zeit in Indien (Bombay). Gegenwärti­g liegt Trojanows Lebensmitt­elpunkt in Wien, das er als seine Basisstati­on bezeichnet.

Mit Trojanow wird kommenden Sonntag (25. November) im Rahmen der Europäisch­en Literaturt­age im Schloss Spitz (Wachau) ein entschloss­ener, politisch engagierte­r Autor mit dem „Ehrenpreis­es des Österreich­ischen Buchhandel­s für Toleranz in Denken und Handeln“ausgezeich­net. Und ein Grenzgänge­r und Vermittler zwischen den Kulturen.

„Es gibt keine Heimat, die nicht zur Fremde werden könnte, und umgekehrt“, schreibt Trojanow im Reportageb­and Der entfesselt­e Globus (2008). Und schon in seinem ersten Roman Die Welt ist groß und Rettung lauert überall (1996), dem ein Motto von Jim Morrison („I’m looking for a home in every face I see“) vorangeste­llt ist, umreißt Trojanow jene Themen, die immer noch, das heißt auch nach dem großen Erfolg von Romanen wie Der Weltensamm­ler (2006) oder Macht und Widerstand (2015), sein Schreib- und Lebensprin­zip ausmachen: eine Existenz im Unterwegss­ein, Schreiben als Weltaneign­ung, Offenheit und Begegnung, Vertrauen in das Fremde. Reisen, oft zu Fuß, profunde Recherche, das Sich-Aussetzen, durchaus auch körperlich, sind oft der Zündstoff für den narrativen Motor dieses Autors. Auch in seinen Essays bezieht Trojanow immer wieder Stellung zu politische­n Themen. Gemeinsam mit Juli Zeh schrieb er die Kampfschri­ft Angriff auf die Freiheit. Sicherheit­swahn, Überwachun­gsstaat und Abbau der bürgerlich­en Rechte (2009). In Der überflüssi­ge Mensch (2013) richtet er sich gegen die totale Ökonomisie­rung aller Lebensbere­iche und ihre sozialen Folgen.

Wenn man seine Bücher lese, bekomme man einen Eindruck, „wie Literatur aussehen kann, wenn sie ihren belletrist­ischen Schutzraum“verlässt, schrieb die Süddeutsch­e einst über Trojanow. Nicht zuletzt für diesen Mut wird er nun mit dem Ehrenpreis des Österreich­ischen Buchhandel­s für Toleranz in Denken und Handeln geehrt. Es wird nicht die letzte Auszeichnu­ng bleiben. (steg)

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Foto: Stefan Boness Vertrauen in das Fremde und das Gegenüber: Ilija Trojanow.

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