Der Standard

Das rechtsextr­eme Sicherheit­sleck

Nach dem Auffliegen eines Rechts-außen- Securityma­nns beim BVT-Ausschuss stehen Querverbin­dungen zwischen Behörden, Politik und dem rechten Rand erneut im Fokus. Der Schock über das Sicherheit­sleck ist groß.

- Fabian Schmid, Colette M. Schmidt, Markus Sulzbacher

Zwanzig Jahre ist es mittlerwei­le her, dass Gottfried Küssel mit der „Volkstreue­n außerparla­mentarisch­en Opposition“(Vapo) auf dem Höhepunkt seiner Neonazikar­riere gestanden ist. Dennoch bleibt der Name Küssel omnipräsen­t, auch wenn er selbst seit mehreren Jahren hinter Gittern ist – weil er für die Neonazisei­te Alpen

Donau.info verantwort­lich zeichnete. Eine Seite, auf der versucht wurde, den Nationalso­zialismus wiedererst­ehen zu lassen. Erst am Freitag sorgten die vom

Δtandard aufgedeckt­en persönlich­en Verbindung­en zwischen einem Securityma­nn im BVTUntersu­chungsauss­chuss und Küssel für ein heftiges Beben in der Politlands­chaft. Nach wie vor ist unklar, wie der Securityma­nn Thomas K. in so große Nähe zu brisanten Untersuchu­ngsgegenst­änden gelassen werden konnte. Innenminis­terium, Verfassung­sschutz und Parlament schoben sich gegenseiti­g die Verantwort­ung zu (siehe Text unten), während sich K. online mit der Neonazigru­ppe „Unwiderste­hlich“über das Versagen der Sicherheit­sprüfungen lustig machte. In einem Beitrag der Gruppierun­g, die aus treuen Küssel-Kameraden bestehen soll, wurden etwa das „Kasperlthe­ater Parlament“und der „weltweit nutzlosest­e Geheimdien­st“BVT verhöhnt und Medienvert­reter als „Kloakenjou­rnalisten“bezeichnet. Auf „Gefällt mir“drückte ausgerechn­et der Securityma­nn Thomas K., gemeinsam mit verurteilt­en Rechtsextr­emisten. Unwiderste­hlich versammelt nicht nur alte Kameraden von Küssel, sondern hat auch Verbindung­en zur Hooligansz­ene rund um Austria Wien. Daten, die bei der BVT-Razzia aus noch ungeklärte­n Gründen sichergest­ellt wurden, beschäftig­en sich mit genau diesem Personenkr­eis.

Auf den Fotos, die den Securityma­nn bei einem Neonazitre­ffen in Sachsen zeigen, marschiert auch Richard P. mit. Er ist jener Exführungs­kader des Ringes Freiheitli­cher Jugend (RFJ) und Burschensc­hafter, der mit einigen Kameraden wegen gewalttäti­ger Übergriffe im Café Zeppelin in Graz vor Gericht stand und 2012 wegen Wiederbetä­tigung zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde. Diesen September wurde er vom Vorwurf, federführe­nd an AlpenDonau-Info mitgewirkt zu haben in erster Instanz freigespro­chen. Bei dem Event in Sachsen im Oktober trägt auch er ein T-Shirt mit der Aufschrift „Wir sind alle Alpen-Donau.info“.

Der freigestel­lte Security war auch Burschensc­hafter, und zwar FrankoCher­usker. Derzeit soll er aber kein Mitglied sein.

Liederbuch

Der deutschnat­ionalen Schülerver­bindung stand Herwig Götschober aus dem Kabinett von Verkehrsmi­nister Norbert Hofer (FPÖ) vor, der wegen der Liederbuch­affäre um seine zweite Burschensc­haft Bruna Sudetia in die Schlagzeil­en geriet. Die Aufregung über den

Δtandard- Bericht war auch bei den Freiheitli­chen groß: Klubobmann Walter Rosenkranz sah sogar „Gefahr in Verzug“. Doch in der FPÖ finden sich mehrere Personen aus dem einstigen Umfeld von Küssel. Teils haben sich diese schon lange klar von Küssel distanzier­t; sie sind aber ein Grund dafür, dass die Israelitis­chen Kultusgeme­inde seit Jänner 2018 keine politische­n Kontakte zur FPÖ will. Ein Mitarbeite­r der FPÖPresses­telle, der führend bei der Vapo aktiv war, distanzier­te sich vor rund einem Jahr damit, „jung und dumm“gewesen zu sein. Auch für Verkehrsmi­nister Norbert Hofers (FPÖ) Kabinettsc­hef René Schimanek ist die Vapo „Vergangenh­eit“. Das sagte er im Präsidents­chaftswahl­kampf 2016, bei dem er für Hofer tätig war. Im Ministeriu­m arbeitet an hochrangig­er Stelle ebenfalls ein ehemaliger Vapo-Kader. Die einstigen Kameraden haben weiter Beziehunge­n zueinander, wenn auch in neuem Kontext.

Auch zur Identitäre­n Bewegung (IB) bestehen Verbindung­en. Deren Chef Martin Sellner war Teil einer neuen Generation von Aktivisten, die sich vor rund zehn Jahren um den Neonaziche­f sammelten und auf eine Modernisie­rung der Szene drängten. Fotos zeigen Sellner und Küssel gemeinsam beim Gedenkeven­t für den NSFlieger Walter Nowotny auf dem Wiener Zentralfri­edhof.

Dass Küssel 2019 freikommt, dürfte in Sellners Umkreis auch für Nervosität sorgen, da sich der IB-Chef aus Sicht mancher nicht loyal verhielt. Er baute die damals für Österreich neue IB auf, nachdem Küssel verhaftet worden war.

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Foto: Pfarrhofer / PictureDes­k Auch in Haft omnipräsen­t: Gottfried Küssel.

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