Der Standard

Trump im Zweifel für den saudischen Kronprinze­n

Die CIA sieht in Mohammed bin Salman den Auftraggeb­er für den Mord an Jamal Khashoggi. Der US-Präsident hingegen ist immer noch bemüht, Saudi-Arabien als Verbündete­n nicht zu vergrämen.

- Frank Herrmann aus Washingon

Im Konflikt mit seinen eigenen Geheimdien­sten hat Donald Trump die CIA zurückgepf­iffen und deren Erkenntnis­se über die Hintermänn­er des Mordes an dem Journalist­en Jamal Khashoggi relativier­t. Während der Spionagedi­enst de facto bestätigte, dass Khashoggi auf Anweisung des saudischen Kronprinze­n Mohammed bin Salman getötet wurde, warnte der USPräsiden­t vor voreiligen Schlüssen. Bisher habe die CIA noch nichts bewertet, „es ist zu früh dafür“, sagte er am Wochenende in Kalifornie­n. Nach Trumps Worten will seine Regierung erst am Dienstag auflisten, „wer es verursacht und wer es getan hat“.

Zuvor hatte die CIA deutlich gemacht, dass sie in MBS, wie der Prinz genannt wird, den Auftraggeb­er der Tat sieht. Es war ein schwerer Schlag für die Monarchie in Riad, denn erstmals brachte eine amerikanis­che Regierungs­behörde den starken Mann Saudi-Arabiens direkt in Verbindung mit dem Mordfall.

Laut Washington Post ließen abgehörte Telefonate des saudischen Botschafte­rs in Washington die CIA zu dem Schluss gelangen. Demnach rief Khalid bin Salman, ein Bruder des Kronprinze­n, bei Khashoggi an, um ihn in Sicherheit zu wiegen. Er solle sich ins Konsulat in Istanbul begeben, die benötigten Dokumente lägen dort für ihn bereit; er habe nichts zu befürchten, soll er dem Kolumniste­n mitgeteilt haben. Zuvor sei Khalid von seinem Bruder angewiesen worden, den im Exil lebenden Kritiker des Thronfolge­rs zu kontaktier­en.

Vorwurf der Vertuschun­g

Nach Ansicht prominente­r Senatoren entpuppt sich die Version, wonach die Killer auf eigene Faust handelten, damit endgültig als das Märchen, das sie immer gewesen ist. Trumps Kabinett solle dies nun auch hochoffizi­ell klären, bevor MBS die Männer, die seine Befehle ausführten, hinrichten lasse, twitterte der Republikan­er Bob Corker, der den außenpolit­ischen Ausschuss des Senats leitet, im Jänner die politische Bühne verlässt und damit keinerlei Rücksichte­n mehr zu nehmen braucht. Der skrupellos­e Mord müsse Konsequenz­en haben, fordert der demokratis­che Senator Richard Blumenthal: „Sanktionen, eine Anklage, den Abgang von MBS und anderen, keine fortgesetz­te Vertuschun­g, wie Trump sie ermöglicht­e.“

Anfang Oktober suchte Khashoggi das saudische Konsulat in Istanbul auf, wo er Papiere abholen wollte, die er brauchte, um seine türkische Verlobte heiraten zu können. Türkischen Ermittlern zufolge wurde er kurz nach dem Betreten des Gebäudes von einem 15-köpfigen Killerteam getötet. Sein Leichnam, offenbar zerstückel­t, konnte bis heute nicht gefunden werden.

Seit der Fall die Welt erschütter­te, hat sich Trump aufs Lavieren verlegt – offenkundi­g darum bemüht, lukrative Geschäfte nicht infrage zu stellen. Mal übernahm er die Version Riads, wonach der Mord auf das Konto von Leuten gehe, die Khashoggi nach Saudi-Arabien zurückbrin­gen sollten und dabei ihre Vollmachte­n überschrit­ten; mal sprach er vom schlimmste­n Vertuschun­gsversuch der Geschichte. Das Land im Nahen Osten, so zog es sich wie ein roter Faden durch seine Statements, sei ein zu wichtiger Rüstungsku­nde, als dass man auf Distanz zu ihm gehen könnte. Saudi-Arabien, wiederholt­e er das Motiv am Samstag, sei ein „wirklich spektakulä­rer Verbündete­r“, wenn es um Jobs gehe.

Wichtiger Verbündete­r

Trump, schreibt die Washington Post unter Berufung auf namentlich nicht genannte Berater im Weißen Haus, suche nach einem Ausweg, um MBS nicht direkt die Schuld geben zu müssen. Vor allem Jared Kushner, Trumps Schwiegers­ohn, hatte enge Kontakte zu dem Kronprinze­n geknüpft, in dem er einen pragmatisc­hen Reformer sah und womöglich noch sieht. Und da das Weiße Haus seinen Kurs gegenüber dem Iran verschärft, würde es auf eine Krise im Verhältnis zum großen regionalen Konkurrent­en der Iraner gern verzichten.

Dass die Meinungen auch intern auseinande­rgehen, lässt eine Personalie erahnen, die unter anderen Umständen kaum beachtet worden wäre. Mit Kirsten Fontenrose trat am Freitag jene Mitarbeite­rin des Nationalen Sicherheit­srates zurück, die für das Verhältnis zu Riad zuständig war. Sie hatte mit Erfolg darauf gedrängt, auch Saud al-Qahtani, einen Spitzenber­ater von MBS, auf die Liste von 17 Saudis zu setzen, gegen die wegen des Mordes an Khashoggi Sanktionen verhängt wurden. Ob sie dafür im Nachhinein einen Preis zahlen musste, ist eine der Fragen, über die man in Washington gerade sehr heftig diskutiert.

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US-Präsident Donald Trump betonte am Wochenende in Kalifornie­n, es sei „zu früh“für eine Bewertung der Schuldfrag­e. Für Dienstag kündigte er einen Bericht an.

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