Österreich in Zivilgesellschaftsrating abgestuft
Internationale Organisation Civicus sieht Beschränkungen der Grundrechte
Geht es nach Civicus, hat sich die Situation für die österreichische Zivilgesellschaft verschlechtert. Das globale Netzwerk hat Österreich am Montag in seinem Monitor von „offen“auf „eingeengt“, von der höchsten in die zweite Kategorie, herabgestuft. Civicus begründet dies damit, dass die Regierung aus ÖVP und FPÖ die Grund- und Freiheitsrechte von zivilgesellschaftlichen Akteuren beschränke.
„Die österreichische Regierung hat sich dafür entschieden, zu spalten, anstatt einen Dialog zu führen, einzuschränken, anstatt Grundrechte zu wahren“, erklärte Cathal Gilbert von Civicus die Entscheidung. Als Beispiel werden Angriffe auf die Pressefreiheit genannt, explizit, dass das Innenministerium Infos für „kritische Medien“wie den den Falter oder den Kurier beschränken wollte. Zudem wird moniert, dass Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) den ORF schwächen wolle. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wird dafür kritisiert, dass er im Mittelmeer tätige NGOs mit Schleppern gleichgesetzt hat.
Auch die rot-schwarze Vorgängerregierung wird kritisiert. Dafür, dass sie 2017 die Frist zur Anmeldung von Versammlungen von 24 auf 48 Stunden verlängert hat. Man wolle die Regierung aber nicht „dämonisieren“, so Gilbert zum sondern sie auffordern, mit zivilgesellschaftlichen Akteuren den Dialog zu führen, um die kritisierten Gesetze und Maßnahmen zu überdenken.
Gleichauf mit den USA
Civicus definiert sich selbst als „globale Allianz von zivilgesellschaftlichen Akteuren“mit dem Ziel, Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaften zu stärken. 1993 gegründet und mit Sitz in Johannesburg, hat sie laut eigenen Angaben über 4000 Mitglieder in mehr als 175 Ländern.
In ihrem Monitor gibt es fünf Bewertungen: offen, eingeengt, beschränkt, unterdrückt und geschlossen. Als offen gelten etwa Deutschland, die skandinavischen Länder oder Australien, als geschlossen China, Saudi-Arabien, der Iran, Libyen und Kuba. Mit „eingeengt“befindet sich Österreich in Gesellschaft von Frankreich, Spanien, den USA, Argen- tinien und Südafrika. Grundlage der Bewertungen sind eigene Recherchen – im April waren Civicus-Mitarbeiter in Wien – sowie Berichte anderer Organisationen wie etwa Reporter ohne Grenzen.
In Österreich ist die Interessenvertretung gemeinnütziger Organisationen (IGO) Mitglied von Civicus. Zu ihren Mitgliedern gehören etwa SOS Mitmensch, Ärzte ohne Grenzen, WWF oder Amnesty International. Für IGOGeschäftsführer Franz Neunteufl ist die Herabstufung Österreichs nachvollziehbar: „Kollegen berichten, dass sich das Gesprächsklima mit der Regierung deutlich verschlechtert hat.“
Auch, so Neunteufl, wurde ihm von Einschüchterungsversuchen am Telefon berichtet: Viele Vereine könnten ihre Leistungen nicht ohne Förderungen und Aufträge der öffentlichen Hand erfüllen. „Deshalb wagen sie es jetzt noch weniger, ihre Kritik öffentlich zu äußern.“Weitere Details dazu wollte Neunteufl nicht bekanntgeben. Stattdessen verweist er auf einen Bericht, den derzeit die IGO gemeinsam mit der WU-Professorin Ruth Simsa erstellt. Er soll im Frühjahr 2019 erscheinen.