Der Standard

Aufhören, wenn es am schönsten ist

Ein Unternehme­n zu verkaufen oder an die nächste Generation weiterzuge­ben ist selten eine leichte Entscheidu­ng. Vom richtigen Zeitpunkt und den Fallen, die beim Loslassen des Lebenswerk­s entstehen.

- Bettina Pfluger

In Österreich­s Unternehme­rlandschaf­t tut sich einiges. Im Vorjahr wurden 345 Unternehme­n mit einem Gesamtvolu­men von 14,7 Milliarden Euro verkauft – ein Plus von 37 Prozent zum Jahr 2016. Bis 2024 werden rund 40.000 kleine und mittlere Betriebe – das ist jedes vierte KMU – auf der Suche nach neuen Eigentümer­n sein. Hier kommen noch jene Inhaber hinzu, die daran denken, ihren Betrieb – oder einen Teil davon – zu verkaufen.

Das schätzt Michael Rohrmair, Mitgründer und Chef von Beacon Invest. Das Wiener Unternehme­n sieht sich als Bindeglied zwischen Investoren und Unternehme­nsverkäufe­rn. Wichtig bei einem Verkauf ist jedenfalls der richtige Zeitpunkt. Den abzuschätz­en ist aber nicht immer leicht. Viele Unternehme­r beschäftig­en sich laut Rohrmair erst mit dem Thema Verkauf, wenn der Betrieb schlechter läuft.

Vom richtigen Zeitpunkt

Operativ gesehen ist der ideale Zeitpunkt für diese Überlegung­en aber, „wenn das Wachstum boomt und die Erträge Höchststän­de erreichen“, so Rohrmair. Denn wenn der Betrieb finanziell und strategisc­h gut abgesicher­t ist, lässt sich auch ein guter Preis erzielen. Man sollte also möglichst früh mit der Planung einer Exitstrate­gie beginnen. Denn nicht nur die eigenen Vorhaben spielen letztlich eine Rolle. Auch der Markt hat bei einem Verkauf ein gewichtige­s Wort mitzureden. Steht eine Vielzahl ähnlicher Betriebe zum Verkauf oder sind die Zukunftsau­ssichten auf dem jeweiligen Markt schlecht, wirkt sich das freilich negativ auf den Preis aus.

Zudem sollten Konflikte – etwa in Form von offenen Klagen oder ungeklärte­n Rechten – im Vorfeld gelöst werden. Denn im laufenden Verkaufspr­ozess komme das ans Tageslicht. Probleme dieser Art könnten potenziell­e schnell abschrecke­n.

Und wenn das Unternehme­n in der Familie bleiben soll? Dann sind die Probleme bei der Übergabe oft nicht weniger groß, weiß Heinrich Weninger. Er leitet bei der Privatbank Kathrein das Stiftungso­ffice und Unternehme­rservice. Es gehe in solchen Fällen oft nicht nur um einen Personen-, sondern auch um einen Generation­enwechsel. Gerade bei Familienun­ternehmen spielt die gesetzlich­e Erbfolge auch eine Rolle.

Weninger rät daher dazu, „das Erbe im Vorfeld zu klären“, denn ein nicht oder schlecht vorbereite­ter Erbgang kann aufgrund von unerwartet­en Schwierigk­eiten die Existenz des Unternehme­ns gefährden – etwa wenn ein Liquidität­sengpass entsteht. Es gilt also, die Interessen des Übergebend­en, des Übernehmen­den und etwaiger Dritte in Einklang zu bringen. So eine Lösung zu finden, die Investoren noch dazu als gerecht und fair akzeptiert wird und den Geschäftsg­ang nicht stört, wird in der Praxis nicht immer erreicht. „Sie ist auch nicht über Nacht zu finden“, sagt Weninger. Oft arbeiten Unternehme­r dafür mehrere Jahre mit Experten wie Steuerbera­tern oder Anwälten zusammen.

Wenn Hektik blockiert

Allzu oft komme es vor, dass der berufliche Alltag sowie Herausford­erungen – Kundenakqu­ise, Lieferante­n, Produktion­sthemen – die Gedanken zur richtigen Übergabe bremsen. So verständli­ch es für Weninger ist, dass das Thema Firmenweit­ergabe nicht immer ganz oben auf der Agenda steht – es ist ja auch ein emotionale­r Prozess –, so zermürbend kann es am Ende aber sein, wenn die Dinge nicht weiterlauf­en, wie man es selbst gerne gesehen hätte. Um ein Umdenken einzuleite­n, hat Weninger eine Übung parat: Die finanziell­en Auswirkung­en eines nicht vorbereite­ten Erbganges würden wohl jeden Unternehme­r aus der Fassung bringen. Also sollte man sich zwischendu­rch einmal überlegen, wie hoch der Schaden wäre, wenn eine geordnete Übergabe nicht gelingt. Das schrecke viele auf.

Aber auch Erben können sich in Stellung bringen. Ist jemand an einem Betrieb interessie­rt, sollte das frühzeitig kommunizie­rt und geschäftli­ches Können unter Beweis gestellt werden.

In Summe, so Weninger, sollten zumindest drei Punkte geklärt und via Testament festgeschr­ieben werden, damit im Ernstfall die Lage für den Fortbestan­d klar ist: wer von mehreren Erben das Unternehme­n prinzipiel­l übernehmen soll, nach welchen Richtlinie­n weichende Erben einen Ausgleich erhalten und wer schon während eines Verfahrens vor dem Verlassens­chaftsgeri­cht die Leitung übernehmen darf.

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Werden Firmen verkauft oder an die nächste Generation übergeben, muss nicht nur eine stabile Qualität sichergest­ellt werden. Auch der Familienfr­ieden sollte Teil der Überlegung­en sein.

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