Der Standard

Sizilianis­cher Wein ist stark gefragt, aber zu billig

Trend geht zu hochwertig­en Tropfen aus dem Ätna-Tal

- Thesy Kness Bastaroli aus Palermo

Sowohl die Produktion wie auch der Export und der Verbrauch von Wein schlagen heuer in Italien alle Rekorde. Laut dem Fachverban­d Coldiretti soll die in diesen Tagen zu Ende gehende Weinernte mit 51 Millionen Hektoliter um knapp 20 Prozent über dem Vorjahresn­iveau liegen.

Die Exporte sind in den ersten sieben Monaten um 4,5 Prozent, der Pro-Kopf-Verbrauch um vier Prozent gestiegen. In Italiens Weinwirtsc­haft sind 310.000 Winzerbetr­iebe und insgesamt 1,6 Millionen Personen beschäftig­t. Der Umsatz machte im Vorjahr 10,6 Milliarden Euro aus.

Obwohl in Sizilien die Produktion der DOC-Weine heuer explodiert­e und sich gegenüber dem Vorjahr auf 70 Millionen Flaschen verdoppelt­e, haben die Preise nicht nachgezoge­n. Noch nicht. „Das einzige Problem der sizilianis­chen Weinwirtsc­haft ist, dass die Preise zu niedrig sind“, erklärte auch der Bürgermeis­ter von Palermo, Leoluca Orlando.

Weinwandlu­ng

Nicht nur Palermo hat sich in den vergangene­n Jahren von der ehemaligen Mafiametro­pole zur quirlig-dynamische­n Hauptstadt gewandelt. Auch die Weinwirtsc­haft, mit einem Exportante­il von mehr als 50 Prozent, hat sich gewandelt. Die einstigen Schnittwei­ne, die als „Zutaten“für die französisc­he Weinwirtsc­haft verwendet wurden, avancierte­n inzwischen zu DOC- und DOCGWeinen. Zu den neuen Favoriten zählt die Rotweinsor­te Nero d’Avola und die Weißweinso­rte Grillo. Letztere entstand im 19. Jahrhunder­t aus einer Kreuzung zweier lokaler Rebsorten.

Das jüngst gebildete Konsortium DOC hat inzwischen in Siziliens Weinwirtsc­haft das Sagen: Mit knapp 300 Millionen Euro bestreitet es bereits ein Drittel des gesamten sizilianis­chen Weinumsatz­es. Zu den neuen Geheimtype­n zählen die Weine des ÄtnaTales, die aus der Asche des Ätna entstanden­en Weine. Verlierer in dem allgemein positiven Szenario ist der Süßwein Marsala, der inzwischen zum Kochwein für Desserts degradiert wurde und nurmehr für zwei bis drei Euro pro Flasche gehandelt wird.

Frauenpowe­r

Der neue Erfolg der sizilianis­chen Weine ist auch den 48 Winzerinne­n zuzuschrei­ben, die nicht nur auf hochwertig­e Qualität, sondern auch für exzellente­s Marketing zuständig sind. Rund ein Drittel der größeren sizilianis­chen Weinuntern­ehmen wird von Frauen gemangt. Josè Rallo vom Weingut Donnafugat­a (übersetzt „Frau auf der Flucht“) hat nicht nur durch ihren Trend zu hochwertig­er Qualität, sondern auch mit ihrem Marketing (auffällige Etiketten, Förderung des Weintouris­mus) Schule gemacht. Ihr Rotwein Mille e una Notte, ein Nero d’Avola im Verschnitt mit anderen Rebsorten sowie ihr goldgelber Chardonna Ghiarandà zählen inzwischen zu den Exportfavo­riten.

Die Schwestern Annamaria und Clara Sala punkten mit zertifizie­rten Bioweinen. Sie sind seit Gründung des Familienbe­triebs Gorghi Tondi (2005) im Management tätig. Carolia Cucurulla hat ihrem Unternehme­n Masseria del Feudo durch ihr Engagement bei nationalen und internatio­nalen Messen zu Ruhm verholfen.

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