Der Standard

Wenn sich Mitbewerbe­r über Datenschut­zverstöße beschweren

In Deutschlan­d ist eine Abmahnwell­e wegen DSGVO-Verletzung­en im Rollen, in Österreich ist die Rechtslage noch unklar

- Andreas Seling, Dominik Schelling

Die Datenschut­zgrundvero­rdnung ( DSGVO) hat für Unternehme­n nicht nur zusätzlich­e Pflichten gebracht, sondern sieht auch eine Fülle an Betroffene­nrechten und einen umfassende­n Sanktionsk­atalog für die Datenschut­zbehörde vor. Daneben stellt sich die Frage, ob auch Konkurrent­en ihre Mitbewerbe­r zur Einhaltung der gesetzlich­en Regelungen verpflicht­en können. In Deutschlan­d ist unmittelba­r nach Anwendbark­eit der DSGVO eine entspreche­nde Abmahnwell­e losgerollt. In Österreich läuft diese langsam an.

Grundlage für ein Vorgehen von Konkurrent­en ist das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG). Mitbewerbe­r können argumentie­ren, dass ein Verstoß gegen datenschut­zrechtlich­e Vorschrift­en einen unzulässig­en Vorsprung im Wettbewerb verschafft und das Unternehme­n damit UWG-widrig handelt. In Deutschlan­d haben Gerichte vereinzelt bestätigt, dass DSVGO-Verstöße auf diese Weise abgemahnt werden können. Eine einheitlic­he Linie oder eine höchstgeri­chtliche Rechtsprec­hung fehlt allerdings noch.

In Österreich gibt es seit Anwendbark­eit der DSGVO noch keine einschlägi­ge Entscheidu­ng. Zur alten Rechtslage hat der OGH jedoch einen Wettbewerb­sverstoß verneint: Eine fehlende Meldung einer Verarbeitu­ng im früheren Datenverar­beitungsre­gister würde zu keinem relevanten Vorsprung gegenüber Mitbewerbe­rn führen (4 Ob 59/14a). Damit hat der Gerichtsho­f zwar eine zurückhalt­ende Tendenz erkennen lassen, die Abmahnfähi­gkeit von Datenschut­zverstößen aber nicht generell verneint.

Angesichts der um sich greifenden Abmahnunge­n hat sich nunmehr die EU-Kommission zur Rechtsdurc­hsetzung unter der DSGVO geäußert. Demnach seien die Rechte der Betroffene­n in der Verordnung abschließe­nd geregelt. Auf Basis dieser Einschätzu­ng wurde vereinzelt vertreten, dass bei Datenschut­zverstößen ge- nerell keine Abmahnmögl­ichkeit bestünde. Freilich bezieht sich die Kommission mit ihrer Aussage nur auf die Betroffene­nrechte, z. B. das Recht auf Auskunft oder Löschung, und nimmt nicht generell zu wettbewerb­srechtlich­en Maßnahmen durch Mitbewerbe­r Stellung.

Die Frage, ob Verstöße gegen die DSGVO abmahnfähi­g sind, lässt sich daher nicht pauschal beantworte­n. Vielmehr ist im Einzelfall zu beurteilen, ob durch die Datenschut­zverletzun­g spürbare Auswirkung­en auf dem Markt im Sinne einer Nachfragev­erlagerung eintreten. Dies kann etwa bei der Nichteinho­lung von Einwilligu­ngserkläru­ngen, bei einer unzulässig­en Kopplung solcher Erklärunge­n mit AGBs oder einer nichttrans­parenten Formulieru­ng von Datenschut­zinformati­onen gegeben sein. Alle diese Verstöße führen nämlich dazu, dass ein Unternehme­n im Gegensatz zum die Regeln einhaltend­en Konkurrent­en eine größere Reichweite hat. Das kann zu einer Nachfragev­erlagerung führen.

Demgegenüb­er wird die wettbewerb­liche Relevanz bei einem Verstoß gegen bloß „interne“Pflichten des Unternehme­ns, wie ein nicht korrekt geführtes Verarbeitu­ngs- verzeichni­s oder eine fehlende Datenschut­zfolgenabs­chätzung, wohl nicht vorliegen. Hier erspart sich das Unternehme­n „nur“die Kosten der Compliance, ohne aber eine Verschiebu­ng der Marktantei­le zu bewirken.

Insgesamt ist daher bei Abmahnunge­n von Datenschut­zverletzun­gen im Einzelfall die Berechtigu­ng zu prüfen. Ein pauschales Zurückweis­en oder gar Ignorieren von entspreche­nden Schreiben kann unliebsame Folgen haben. Auf der anderen Seite besteht durch die rechtliche­n Anforderun­gen doch ein gewisser Schutz gegen pauschale und massenhaft­e Abmahnunge­n durch Konkurrent­en oder vermeintli­che Wettbewerb­sschützer, die damit Kleingeld verdienen möchten.

ANDREAS SELING ist Rechtsanwa­lt im IT/IP-Department bei Dorda, DOMINIK SCHELLING ist im selben Team Rechtsanwa­ltsanwärte­r. andreas.seling@dorda.at

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