Der Standard

Parlament verbannt externe Securityle­ute aus BVT-Ausschuss

Rechtsextr­emer Wachmann war schon vor Zuverlässi­gkeitsprüf­ung im Hohen Haus

- Fabian Schmid

Wien – Die Sicherheit­spanne rund um einen rechtsextr­emen Securitymi­tarbeiter im Parlament hat erste Konsequenz­en. Künftig sollen bei heiklen Untersuchu­ngsausschü­ssen keine fremden Mitarbeite­r mehr zum Einsatz kommen. Ihre Aufgaben werden Beamte des Innenminis­teriums mit der entspreche­nden Sicherheit­sprüfung versehen. Das soll bereits am nächsten Ausschusst­ag am 27. November so sein. Außerdem will das Parlament eine restlose Aufklärung des Vorfalls ermögliche­n und überprüfen, welche Aktivitäte­n der Mitarbeite­r mit Verbindung­en ins neonazisti­sche Milieu bei seiner Tätigkeit im Parlament gesetzt hat.

Doris Bures, ehemalige Nationalra­tspräsiden­tin und Vorsitzen- de des BVT-Ausschusse­s, zeigte sich am Montag „erschütter­t“über das Sicherheit­sleck. Die Verantwort­ung für die Causa ist nach wie vor nicht geklärt. Das Innenminis­terium verweist auf die Zuständigk­eit des Parlaments.

Recherchen von und Profil zeigen, dass der Securitymi­tarbeiter sogar vor der ersten Zuverlässi­gkeitsprüf­ung durch die Polizei Dienst im Parlament versah – allerdings an einer Stelle ohne brisanten Informatio­nsfluss. In den Untersuchu­ngsausschü­ssen war der Küssel-Vertraute mindestens neunmal ganztags im Einsatz, zweimal bei der Taschenkon­trolle am Eingang, ansonsten als „Springer“, der auch den Medienraum betreten und Befragunge­n mithören kann. (red)

Wo, wann, bei wem und wie lange: Diese Fragen versuchte die Parlaments­direktion am Wochenende im Hinblick auf einen rechtsextr­emen Sicherheit­smitarbeit­er zu eruieren. Die Verbindung­en des Wachmanns waren am Freitag vom Δtandard enthüllt worden. Der Mann ist in der Neonazisze­ne vernetzt und unter anderem mit dem mehrfach verurteilt­en Gottfried Küssel persönlich bekannt.

Der vorläufige Stand, der den Abgeordnet­en am Montag präsentier­t wurde: Insgesamt hat der Sicherheit­sdienstlei­ster an neun Ausschusst­agen Dienst versehen, dabei sechsmal beim BVT-Ausschuss, dreimal beim Eurofighte­rAusschuss.

Bei seinen ersten zwei Diensten war er in der Taschenkon­trolle tätig, anschließe­nd als sogenannte­r Springer, der verschiede­ne Tätigkeite­n ausfüllt. Darunter auch die Kontrolle im Medienraum, wo Befragunge­n der Auskunftsp­ersonen übertragen werden.

Ab 8. Oktober besaß der Rechtsextr­eme sogar eine elektronis­che Berechtigu­ngskarte, mit der er fast alle Türen aufschließ­en kann. Nun soll das elektronis­che Protokoll kontrollie­rt werden. Laut Peter Pilz (dessen Liste Pilz nun Jetzt heißt) sollen Journalist­en, deren Taschen vom Wachmann überprüft wurden, individuel­l benachrich­tigt werden.

Die Parlaments­direktion hat nun angekündig­t, Sicherheit­smitarbeit­er strenger zu überprüfen. Wenn Verlässlic­hkeitsprüf­ungen „unergiebig­er seien als eine einfache Google-Suche, könne man damit nicht zufrieden sein. Hier wird die Parlaments­direktion einen Mechanismu­s entwickeln, der sich nicht allein auf sicherheit­sbehördlic­he Betrachtun­gen reduziert“, hieß es aus der Parlaments­direktion. Zumindest im BVT-Ausschuss sollen künftig keine privaten Security-Mitarbeite­r mehr zum Einsatz kommen. Darauf einigten sich die Fraktionsf­ührer im U-Ausschuss in einer Sitzung am Montagvorm­ittag.

Verantwort­ung ungeklärt

Unklarheit herrscht weiterhin darüber, wie die Sicherheit­spanne entstehen konnte. Innenminis­terium, Parlament und die Sicherheit­sfirma G4S schoben sich gegenseiti­g die Verantwort­ung in die Schuhe. So hatte sich das Parlament offenbar erwartet, dass G4S eine Sicherheit­sprüfung nach dem Sicherheit­spolizeige­setz beantragt. G4S beantragte jedoch lediglich eine Zuverlässi­gkeitsprüf­ung nach der Gewerbeord­nung, die bei allen SecurityMi­tarbeitern – also auch bei jenen, die Türsteher sind oder auf Kon- zerten arbeiten – zum Einsatz kommt.

Diese wird von der Landespoli­zeidirekti­on Wien durchgefüh­rt. Dort wusste man nicht, dass die zu prüfenden Personen teils im Parlament zum Einsatz kommen konnten, hieß es aus dem Innenminis­terium.

Am Rande eines Termins äußerte sich auch Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) zur Causa: Er wiederhole gerne, dass es keinen Antrag aus dem Parlament für eine Sicherheit­süberprüfu­ng des Security-Mitarbeite­rs gegeben habe.

Nur für solche sei der Verfassung­sschutz zuständig. Es wundere ihn, dass es hier offenbar eine Verwechslu­ng mit einer Zuverlässi­gkeitsprüf­ung gebe, für die der Staatsschu­tz nicht zuständig sei – und zwar wundere es ihn umso mehr, weil im Parlaments- präsidium Personen säßen, die jahrelange Innenminis­teriumserf­ahrung hätten, konnte sich Kickl einen Seitenhieb auf Wolfgang Sobtoka nicht verkneifen. Parlaments­präsident Sobotka war bekanntlic­h Innenminis­ter, Parlaments­sprecher Karl-Heinz Grundböck war jahrelang Sprecher des Innenresso­rts.

Ungereimth­eiten

Außerdem gibt es offenbar weitere Ungereimth­eiten: Laut Parlament war der Sicherheit­smitarbeit­er erstmals Anfang Februar im Einsatz, die erste Zuverlässi­gkeitsprüf­ung wurde aber erst Ende Februar durchgefüh­rt. Bei einer zweiten Zuverlässi­gkeitsprüf­ung im Mai, die dem Δtandard vorliegt, wurde für den Wachmann ein falsches Geburtsjah­r angegeben. Die Firma G4S wies Fehler von sich, man habe alle gesetzlich­en Vorgaben eingehalte­n, sagte Vorstandsv­orsitzende­r Michael Schnitzler im Ö1- Mittagsjou­rnal.

Erschütter­t über die Panne zeigte sich die U-Ausschussv­orsitzende Doris Bures (SPÖ). „Die Aufklärung­sarbeit dieses Ausschusse­s umfasst insbesonde­re auch Fragen über abgestimmt­e, politisch motivierte Einflussna­hme auf Ermittlung­en des Extremismu­sreferats des BVT, unter anderem zu rechtsextr­emen Aktivitäte­n“, erklärte Bures. Dazu lade man auch Ausschussp­ersonen, deren Identität geschützt werden müsse.

Die Generaldir­ektorin für öffentlich­e Sicherheit im Innenminis­terium Michaela Kardeis sandte nun Empfehlung­en für künftige U-Ausschüsse an das Parlament.

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Ein Sicherheit­sleck im U-Ausschuss hat einem Rechtsextr­emen womöglich einen Blick auf die Befragung von Auskunftsp­ersonen erlaubt, deren Identität geheim gehalten werden muss.

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