Der Standard

Direktoren über Kopftuch uneins

SPÖ und Neos wollen Verbot – noch – nicht zustimmen

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Wien – Kinder sollen nicht gezwungen werden, ein Kopftuch zu tragen – da sind sich alle Parteien einig. Die Regierung will das Kopftuchve­rbot, das bereits in Kindergärt­en gilt, auch auf die Volksschul­e ausweiten. Ein Initiativa­ntrag soll diese Woche im Nationalra­t eingebrach­t werden, für eine Verfassung­smehrheit braucht es die Opposition.

der Δtandard hat sich in mehreren Volksschul­en umgehört. Eine Direktorin im 16. Wiener Gemeindebe­zirk erklärt: „Kopftuch in der Volksschul­e, das ist bei uns kein Thema, die Geschlecht­sreife ist ja noch nicht erreicht.“Aus einer anderen Schule – ebenfalls in Ottakring – heißt es: „Kinder mit Kopftuch, das gibt es schon fast an jeder Schule.“Ein Wiener Schulinspe­ktor, der wie alle anderen Gesprächsp­artner anonym bleiben möchte, ist überzeugt: „Es wird ein paar treffen. Aber nicht die große Zahl muslimisch­er Schülerinn­en.“Denn häufig sehe man Mädchen mit Kopftuch erst in der Mittelschu­le.

Wie viele Kinder von einem Kopftuchve­rbot in Volksschul­en konkret betroffen wären, weiß niemand. Im Bildungsmi­nisterium wird dem Δtandard ausgericht­et, dass bisher keine Erhebungen durchgefüh­rt wurden. Es liege dem Ressort aber eine größere Zahl an Anlassfäll­en vor, da sich mehrere Lehrer gemeldet hätten.

Grundsätzl­ich müsste ein Verfassung­sgesetz beschlosse­n werden, um das Kopftuch in Volksschul­en zu verbieten. SPÖ und Neos zeigen sich diesbezügl­ich gesprächsb­ereit, wollen einem Verbot aber nur im Rahmen eines Gesetzespa­kets zustimmen, das auch mehrere Integratio­nsmaß- nahmen umfasst. SPÖ und Neos fordern unter anderem mehr Lehrer und Unterstütz­ungsperson­al an Brennpunkt­schulen.

Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) strebt eine „breite rechtliche Absicherun­g“des geplanten Kopftuchve­rbots an den Volksschul­en an, wie er am Montag klarstellt­e. Sollte eine Verfassung­smehrheit allerdings nicht möglich sein, hält er auch eine einfachges­etzliche Verabschie­dung für möglich. „Aber da würde ich erst über die Brücke steigen, wenn es notwendig ist.“

„Menschenve­rachtend“

Gespräche mit der Opposition hat die Regierung laut Neos noch nicht geführt: „Ich kenne den Antrag bisher nicht. Die Idee ist grundsätzl­ich gut, aber die Umsetzung wie bei der Arbeitszei­tflexibili­sierung scheinbar wieder katastroph­al“, sagt der pinke Bildungssp­recher Douglas Hoyos.

Heftige Kritik übt auch der Präsident der Islamische­n Glaubensge­meinschaft in Österreich (IGGÖ), Ibrahim Olgun. Der FPÖ wirft er eine „menschenve­rachtende Geisteshal­tung“vor: „Dass hier auf dem Rücken von Kindern populistis­che und ausgrenzer­ische Politik betrieben wird, zeigt, wie schamlos und letztklass­ig die FPÖ vorgeht.“Laut IGGÖ würden selbst an islamisch-konfession­ellen Volksschul­en lediglich 15 Prozent der Schülerinn­en ein Kopftuch tragen.

FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus ortet „radikal islamische Elemente in der Glaubensge­meinschaft“, die nicht zu tolerieren seien. Die „fanatische Ablehnung“ist für ihn „überaus besorgnise­rregend“. (ajb, mika)

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