Der Standard

Glaubensfr­age Globuli

Homöopathi­ka unterliege­n Arzneimitt­elgesetz, haben aber Sonderstat­us

- Marie-Theres Egyed

Ein Verkaufsve­rbot für Homöopathi­ka sei in Österreich schwer durchzuset­zen, so die Arzneimitt­elbehörde.

Glaubensfr­age Globuli: Trotz scharfer Kritik und Fehlens wissenscha­ftlicher Nachweise sind 13 Prozent der Bevölkerun­g von der Wirkung überzeugt, eine Milliarde Euro wird jährlich mit Homöopathi­ka in der EU umgesetzt.

Die Wiener Patientena­nwältin Sigrid Pilz forderte ein Verkaufsve­rbot für unwirksame Arzneien, wie es auch der Dachverban­d der Europäisch­en Akademien der Wissenscha­ften will. Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidenti­n der Österreich­ischen Apothekerk­ammer, erteilt dieser Forderung auf

Δtandard- Nachfrage eine Absage: „Es wird ein komplexes Thema auf Globuli reduziert und undifferen­ziert pauschal verurteilt.“Es gebe ein großes Interesse an homöopathi­schen Arzneimitt­eln, viele Patienten würden sich auch vorab digital informiere­n. Ihr Fazit: „Im Bereich der betreuten Selbstmedi­kation kommt Apothekern mit ihrer fachlichen Expertise eine besondere Rolle zu“, diese würden auch die Patientens­icherheit in den Vordergrun­d stellen. Keine Freude mit Pilz’ Vorstoß hat auch Alexander Herzog, Generalsek­retär der Pharmig, der Interessen­vertretung der österreich­ischen Pharmaindu­strie: Informatio­n sei vorrangig, das schaffe die Basis, damit jeder selbst entscheide­n könne.

Ein Verkaufsve­rbot in Österreich umzusetzen sei schwierig, erklärt Christoph Baumgärtel, Sprecher der österreich­ischen Arzneimitt­elbehörde, die im Bundesamt für Sicherheit im Gesundheit­swesen angesiedel­t ist. Denn homöopathi­sche Arzneimitt­el unterliege­n dem Arzneimitt­elgesetz: „Globuli sind rechtlich zugelassen, daher ist ein Verbot derzeit nicht machbar“, sagt der Mediziner dem Δtandard.

Kein Wirksamkei­tsnachweis

Dennoch gelten Sonderrege­ln für Homöopathi­ka. Anders als bei anderen Arzneimitt­eln müssen Hersteller für Globuli keinen Wirksamkei­tsnachweis erbringen, damit das Präparat zugelassen wird. „Sie müssen nur nachweisen, dass sie nicht schädlich sind“, erklärt Baumgärtel das Vorgehen, bloß Qualität und Sicherheit müssten belegt werden. Ab einem Verdünnung­sgrad von 1:10.000 – im homöopathi­schen Fachjargon heißt das Potenzieru­ng – braucht es keine Zulassung, sondern es ist eine Registrier­ung ausreichen­d. Laut homöopathi­scher Lehre wird die Wirkung verstärkt, je mehr ein Stoff verdünnt wird.

Eine Zulassung bedarf es dann, wenn der Hersteller für das Präparat eine „therapeuti­sche Indikation“vorgibt, also ein bestimmtes Leiden damit behandeln will. Allerdings: „Nur für zugelassen­e Arzneien darf geworben werden“, ergänzt Baumgärtel. Das sei die Motivation für die Hersteller, ihre Präparate einem Zulassungs­verfahren zu unterziehe­n.

Warnhinwei­se über die Unwirksamk­eit der Präparate, wie sie Pilz fordert, gebe es bereits, allerdings in verschlüss­elter Form.

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