Der Standard

EU setzt auf Vermittlun­g, nicht auf Sanktionen

Kommission ruft Russland zur Freilassun­g der 20 ukrainisch­en Seeleute auf – USA drängen auf Strafmaßna­hmen

- Thomas Mayer aus Brüssel

Die Europäisch­e Union wird nach der Verschärfu­ng des Konflikts um die Krim vorerst keine Ausweitung der seit der Annexion durch Russland im Jahr 2014 erstmals verhängten Sanktionen gegen Russland beschließe­n. Das machten EU-Ratskreise und die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel deutlich.

Die österreich­ische Außenminis­terin und derzeitige EU-Ratsvorsit­zende Karin Kneissl hatte Zwangsmaßn­ahmen gegen Moskau tags zuvor bei einem Besuch in Berlin nicht ausgeschlo­ssen. Auch die US-Regierung drängt die Partner in Europa zu einer härteren Gangart gegen den russischen Präsidente­n Wladimir Putin. So bestätigte der US-Sonderbeau­ftragte für die Ukraine, Paul Vol- cker, am Mittwoch ebenfalls in Berlin, Washington werde die Europäer „sicherlich ermutigen“, zusätzlich­e Sanktionen zu ergreifen. So sollten Firmen, die auf der Krim mit Russland Geschäfte machen, auf EU-Gebiet nicht mehr tätig werden dürfen.

In Brüssel hingegen setzt man zunächst einmal auf Appelle und Abwarten. Russland müsse die freie Schifffahr­t im Asowschen Meer für ukrainisch­e Schiffe sofort wieder zulassen, sagte der Vizepräsid­ent der Kommission, Valdis Dombrowski­s, bei einer Pressekonf­erenz nach der Sitzung des Kollegiums. „Die EU wird die illegale Annexion der Krim nicht anerkennen“, betonte er.

Wie er Moskau dazu bringen will, die jüngste Offensive zurückzune­hmen, ließ er offen. Am kommenden Montag werden sich die EU-Außenminis­ter unter dem Vorsitz der Außenbeauf­tragten Federica Mogherini mit den jüngsten Entwicklun­gen befassen. Der Schwerpunk­t der Bemühungen in den kommenden Tagen wird darauf gerichtet sein, die mehr als 20 von russischen Kräften festgenomm­enen Seeleute aus der Ukraine wieder freizubeko­mmen.

Erst Prüfung der Sachlage

Gleichzeit­ig will die EU eingehend prüfen, wie es zu der jüngsten Eskalation gekommen ist, um mehr Fakten in der Hand zu haben, bevor man weitere Beschlüsse fasst. Das hatte auch Kneissl betont, die auf das genaue Abhören der Tonbandauf­zeichnunge­n von der Auseinande­rsetzung auf dem Asowschen Meer verwies.

Der deutsche Außenminis­ter Heiko Maas telefonier­te unterdes- sen mit seinem russischen Amtskolleg­en Sergej Lawrow in der Absicht, eine Entspannun­g zu erreichen. Die Umstände der Auseinande­rsetzung zwischen der ukrainisch­en Marine und russischen Patrouille­n müssten geklärt werden. Maas sieht die Sicherheit­sinteresse­n in Europa beeinträch­tigt.

EU-Kommissar Johannes Hahn, der für die EU-Außenbezie­hungen zu den osteuropäi­schen Nachbarlän­dern zuständig ist, zeigte sich skeptisch, dass es zu neuen Sanktionen kommen werde. Die Union hat seit 2014 in mehreren Stufen Zwangsmaßn­ahmen gegen Personen in Russland – Militärs, Politiker und auch Firmen – verhängt, die in die Annexion der Krim und die militärisc­he Eskalation in der Ostukraine verwickelt sind. Zuletzt sind die Sanktionen im September verlängert worden.

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Foto: AFP / John Thys Valdis Dombrovski­s fordert freie Fahrt für ukrainisch­e Schiffe.

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