Der Standard

Häftling e verdienen im Schnitt fünf Euro am Tag

Bei Anstellung in Firmen wird kollektivv­ertraglich festgelegt­er Lohn fällig, Insassen bleibt nur Anteil

- Vanessa Gaigg

Wer in einem österreich­ischen Gefängnis einsitzt, kann in der Regel – selbst wenn er das möchte – nicht 24 Stunden lang die Wand anstarren. Denn für die Insassen herrscht Arbeitspfl­icht. Nur jene, die nicht arbeitsfäh­ig sind, werden davon entbunden. Etwa 8800 Personen wurden in den letzten Jahren in heimischen Justizanst­alten durchschni­ttlich angehalten, 6000 Insassen gehen einer Arbeit nach. Die Pflicht zur Arbeit wird als wichtige Maßnahme zur Resozialis­ierung gesehen, die Häftlinge sollen so auch auf das Leben nach der Haft vorbereite­t werden.

In den verschiede­nen Justizanst­alten sind dafür Werkstätte­n und teils Betriebe vorhanden, auch Instandhal­tungstätig­keiten werden verrichtet. Für ihre Tätigkeit erhalten die Gefangenen eine Arbeitsver­gütung. Für leichte Hilfsarbei­ten ist eine Bruttoarbe­itsvergütu­ng von etwa sechs Euro pro Stunde festgelegt, für Facharbeit­en rund acht Euro.

Beitrag zu Vollzugsko­sten

Von ihrem Verdienst behalten Häftlinge nur einen Anteil. Denn es wird ein „Vollzugsko­stenbeitra­g“(75 Prozent der Vergütung) sowie der Dienstnehm­eranteil zur Arbeitslos­enversiche­rung abgezogen, danach verbleiben laut Justizmini­sterium durchschni­ttlich fünf Euro pro Strafhaftt­ag. Davon wird die Hälfte in einer „Rücklage“angespart, die zur Vorsorge für den Unterhalt nach der Entlassung dienen soll. Anspruch auf Pensionsve­rsicherung gibt es nicht.

In jenen Fällen, in denen Haftanstal­ten Verträge mit privaten Unternehme­n abschließe­n, ist der Lohn in der Regel nach dem branchensp­ezifischen Kollektivv­ertrag in Rechnung zu stellen. Das wird durch einen entspreche­nden Erlass geregelt, wie eine parlamenta­rische Anfragebea­ntwortung an Jetzt (vormals Liste Pilz) durch Justizmini­ster Josef Moser (ÖVP) zeigt.

Manche Insassen – jene, die sich im gelockerte­n Vollzug befinden – können als Freigänger auch einer Arbeit „draußen“nachgehen. Dafür ist in jedem Fall ihre Zustimmung nötig. 447 von 796 Freigänger­n tun dies derzeit. Dabei besteht auch grundsätzl­ich die Möglichkei­t, dass der Strafgefan­gene im gleichen Betrieb tätig ist, in dem er vor der Haft gearbeitet hat.

Taschengel­d und Pension

Auch im Falle von Freigänger­arbeit ist der Lohn an den Bund und nicht an die Insassen direkt zu zahlen. Diese bekommen den entspreche­nden Anteil an der festgelegt­en Vergütung.

Jetzt-Justizspre­cher Alfred Noll fordert eine Verdopplun­g der Vergütung für Häftlinge, sodass „nach Abzug des Haftkosten­beitrags noch genug für ein Taschengel­d und die freiwillig­e Selbstvers­icherung bei der Pensionsve­rsicherung­sanstalt bleibt“.

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