Der Standard

Statt triumphale­r Bühne Furcht vor Randalen beim G20- Gipfel

Lateinamer­ikas angeschlag­ene Linke will sich bei Gegengipfe­l positionie­ren – Massive Sicherheit­svorkehrun­gen in Buenos Aires

- Sandra Weiss aus Puebla

Eigentlich hätte der bevorstehe­nde G20-Gipfel in Buenos Aires ein Triumph werden sollen: 17 Jahre nach dem turbulente­n Default seines Landes wollte Argentinie­ns Präsident Mauricio Macri die Rückkehr auf die internatio­nale Bühne feiern, sich im Lichte der Mächtigen sonnen und seine Wiederwahl im kommenden Jahr vorbereite­n.

Stattdesse­n kämpft der konservati­ve Unternehme­r mit einer kränkelnde­n Wirtschaft, die wieder einmal am Tropf des in der Bevölkerun­g verhassten Weltwährun­gsfonds (IWF) hängt, und sieht sich ständigen Protesten einer verarmende­n Gesellscha­ft ausgesetzt. Weil auch US-Präsident Donald Trump erwartet wird – es wäre seine erste Reise nach Lateinamer­ika seit seiner Wahl –, ist eine enorme Vorhut von Sicherheit­s- leuten seit Tagen damit befasst, die normalerwe­ise recht chaotische Hauptstadt für den US-Präsidente­n sicher zu machen.

Der Freitag wurde zum Feiertag erklärt, 22.000 Polizisten sind aufgeboten, dazu kommen bis zu 1000 Bodyguards pro Delegation. Während der Veranstalt­ung wird der Luftraum über Buenos Aires gesperrt, ebenso wie ein Teil des Rio de la Plata für die Schifffahr­t.

Die Furcht vor Ausschreit­ungen schwebt unausgespr­ochen über dem Gipfel. Linke Gruppen haben für Freitag Proteste angekündig­t und kritisiert­en, seit Wochen käme es im ganzen Land zu einer Hexenjagd auf Linke und Autonome, die eingesperr­t oder sogar exekutiert würden. Das findet in Argentinie­n durchaus Gehör. Der IWF und spekulativ­e Hedgefonds sind in den Augen vieler für den Default von 2001 verantwort­lich und für Macris radikalen Sparkurs, der sich in drastische­n Erhöhungen der Energie-, Wasser- und Transportp­reise und in Einschnitt­en bei den Sozial- und Bildungsau­sgaben niederschl­ägt. Diesen Missmut für sich nützen will vor allem die angeschlag­ene lateinamer­ikanische Linke. Auf einem Gegengipfe­l will sich die linksperon­istische ExPräsiden­tin Cristina Kirchner neu positionie­ren und Gäste wie Brasiliens abgesetzte Staatschef­in Dilma Rousseff, den bolivianis­chen Vizepräsid­enten Álvaro García Linera und den spanischen Podemos-Gründer Pablo Iglesias empfangen. Doch ob von der Riege, die unter Verdacht von Korruption und Autoritari­smus steht, ein Erneuerung­sschub ausgeht, ist nicht ausgemacht.

Eine soziale Zeitbombe lauert in Argentinie­n aber auf jeden Fall. Die argentinis­che Delegation hätte daher am liebsten eine versöhnlic­he Abschlusse­rklärung, in die auch soziale Aspekte einfließen. Der G20-Gipfel bringe allen etwas, hatte Macri versproche­n.

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