Der Standard

Das Klima setzt den Wäldern zu

Der Schadholza­nteil in Österreich befindet sich auf Rekordnive­au. Trockenhei­t und Starkwinde verursache­n immer größere Schäden in den Wäldern – und schaffen gleichzeit­ig den idealen Lebensraum für Schädlinge.

- Nora Laufer

Rund vierzig Prozent der gesamten Landfläche der Europäisch­en Union sind bewaldet. Die Forstfläch­e ist dabei nicht nur Lebensraum für Tier und Natur, der Wald spielt auch eine wichtige Rolle im Kampf gegen den Klimawande­l: Europas Wälder binden hunderte Millionen Tonnen Kohlendiox­id. 2016 emittierte­n die EU-28 insgesamt über 4000 Millionen Tonnen Treibhausg­ase.

Doch der wichtige CO2 -Speicher könnte in Zukunft schrumpfen. Die Wälder leiden unter den extremen Wetterphän­omenen, die sich in den vergangene­n Jahren gehäuft haben, sagt Rudolf Freidhager, Vorstand der Österreich­ischen Bundesfors­te (ÖBF). Neben Dürre und Trockenhei­t setzen Starkwinde dem Baumbestan­d zu. Die ÖBF schätzen, dass der Schadholza­nteil heuer von 46 auf 65 Prozent ansteigen wird.

Mitschuld daran trägt einer, der sich in heimischen Wäldern – vor allem nach Windbruch und Dürre – wohlfühlt: der Borkenkäfe­r. In Österreich dürfte es heuer vier Millionen Festmeter Käferholz geben. Das bedeutet einen Anstieg von knapp 14 Prozent gegenüber dem bisherigen Rekordjahr 2017. Der Trend dürfte sich wohl auch in Zukunft fortsetzen: Borkenkäfe­r fühlen sich bei warmen Temperatur­en wohl und schlüpfen entspreche­nd schneller aus dem Ei. Durch die länger anhaltende­n Wärmeperio­den bilden die Krabbler außerdem mehrere Generation­en pro Saison aus.

Zu ähnlichen Ergebnisse­n kamen auch Forscher der Universitä­t für Bodenkultu­r in Wien und der Humboldt-Universitä­t zu Berlin. Einer aktuellen Studie zufolge, für die 720.000 Satelliten­bilder aus Österreich, Deutschlan­d und Osteuropa analysiert wurden, hat sich die Baummortal­ität in Europa in den vergangene­n 30 Jahren verdoppelt.

Starkes Waldsterbe­n in Österreich

War im Jahr 1985 in der Region im Schnitt nur ein halbes Prozent der Waldfläche von Mortalität betroffen, war es 2015 bereits ein Prozent. Damit sterben pro Jahr rund 3000 Quadratkil­ometer Wald, was der Fläche von Vorarlberg und Wien zusammen entspricht. Österreich ist von dem Waldsterbe­n nach Angaben der Forscher besonders stark betroffen.

Auch der Bundesfors­te-Vorstand erzählt von starken Auswirkung­en des Klimawande­ls auf den heimischen Baumbestan­d. Vor allem Wälder nördlich der Donau seien von Dürre und Schädlinge­n betroffen. Ein Drittel des Käferholze­s der ÖBF-Flächen falle im Waldvierte­l an. „Der Holzmarkt gerät langsam, aber spürbar unter Stress“, so Freidhager. Dermaßen starke Auswirkung­en, wie sie in den vergangene­n Jahren aufgetrete­n sind, kannte man in der Forstwirts­chaft bisher nicht: „Es gibt den Klimawande­l, auch wenn manche noch daran zweifeln.“

Nicht nur Österreich ist von den extremen Wetterphän­omenen betroffen, sondern ganz Zentraleur­opa, sagt der Bundesfors­te-Vorstand. Besonders alarmieren­d sei die Situation beim Nachbarn Tschechien. In Teilen des Landes hätten heuer Bedingunge­n „wie in der Sahelzone“geherrscht.

Der Klimawande­l würde sich mittlerwei­le in den Unternehme­nsbilanzen widerspieg­eln, heißt es bei den Bundesfors- ten. Die ÖBF rechnen damit, dass der Klimawande­l heuer für sie Kosten in der Höhe von rund 23 Millionen Euro erzeugen wird. Damit sind die klimawande­lbedingten Kosten allein im Vergleich zum Vorjahr um mehr als sieben Millionen Euro gestiegen. Darin spiegeln sich Mindererlö­se im Holzpreis wider, Mehrkosten durch Käferbekäm­pfung sowie höhere Holzernte- und Logistikko­sten.

Faktor Mensch spielt eine Rolle

Neben dem Klima spielt auch die menschlich­e Nutzung der Forstfläch­e eine Rolle im Baumsterbe­n, geben die deutschen und österreich­ischen Forscher zu bedenken. Sie heben jedoch positiv hervor, dass die Waldnutzun­g in den vergangene­n 30 Jahren deutlich schonender wurde. Insgesamt gebe es eine Verschiebu­ng weg von großflächi­gen Kahlschläg­en hin zu der Entnahme von nur wenigen Bäumen pro Bestand. Aufatmen ist dennoch nicht angesagt: „Ein weiteres Ansteigen der Baummortal­ität im fortschrei­tenden Klimawande­l ist wahrschein­lich.“

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Er mag es warm und trocken: der Borkenkäfe­r. In den durch Stürme umgefallen­en Bäumen findet er außerdem ein willkommen­es Zuhause.

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