Der Standard

Uraufführu­ng von „Gestochen und weg“bei Wien Modern

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Die

Schuhe aus, es sich auf dem flauschige­n Teppichdre­ieck bequem machen und dem Herrn der Unruhe lauschen, Erzähler Christian Reiner. Abstrakt monologisi­erend, irrt er umher (Text: Ann Cotten), während um ihn herum eine musikalisc­he Tropfstein­höhlen errichtet wird. Das Ensemble Airborne Extended bringt die von Elisabeth Schimana komponiert­en Passagen (auf Harfe, Flöten, Virginal und Spinettino) perkussiv, dann wieder patternart­ig rhythmisch zum Einsatz. Subtiler Klangminim­alismus und versierte Darsteller treffen bei der Wien-Modern-Uraufführu­ng Gestochen und weg auf einer fragilen Ebene zusammen.

Dass es sich bei dieser Produktion im Dschungel Wien um eine anspruchsv­olle Reflexion über das Dornrösche­n- Märchen handelt, schimmert durch. Die poetische Textdekons­truktion der Klischees rund um diesen Hit der Brüder Grimm wird spür- und ansatzweis­e auch verstehbar. Das besonders Reizvolle besteht allerdings im Gesamterle­bnis. Netzzeit (Nora und Michael Scheidl) gelingt es, die geschlecht­spolitisch­en Fantasiean­sätze in eine Klang/Raum-Erlebniswe­lt einzuschme­lzen – inklusive der „Variation“über den 100-jährigen Schlaf eines Mädchens: Erzähler und Musikerinn­en (Sonja Leipold, Caroline Mayrhofer, Doris Nicoletti, Martina Žerdin) schlummern dahin, während auf weißer Leinwand abstrakte Bilder herumwaber­n.

Zu maschinell­en Sounds, denen Vogelgezwi­tscher beigemixt wird, löst Reiner, der eine Virtual-RealityBri­lle trägt, durch Kopfbewegu­ngen Ereignisse aus (VRProjekti­onen: Markus Wintersber­ger). Alles stimmig, der Betrachter wähnt sich im Inneren eines schlafende­n Kopfes gut aufgehoben. Allerdings dürfte Dornrösche­ns Traummasch­ine für junge Besucher zur Herausford­erung werden. (toš) 29. und 30. 11. im Dschungel Wien

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„Gestochen und weg“: Christian Reiner als virtueller Träumer im Dschungel Wien.

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