Der Standard

KOPF DES TAGES

Eine, die in der Armee aufräumen soll

- Adelheid Wölfl

Sie besitzt – so sagt man ihr allgemein nach – eine Mischung aus Entschloss­enheit, großem Verantwort­ungsbewuss­tsein und Führungsst­ärke. Und diese Eigenschaf­ten könnten genau die richtigen und notwendige­n sein für den neuen Job: Die slowenisch­e Generalmaj­orin Alenka Ermenc soll die Kampfberei­tschaft der Truppen des kleinen Nato-Staates deutlich verbessern. Diese haben erst heuer einen Einsatztes­t nicht bestanden.

Ermenc wurde nun vom slowenisch­en Staatspräs­identen Borut Pahor zur obersten Befehlshab­erin der Streitkräf­te ernannt. Sie ist damit die erste Frau, die in einem Nato-Staat an der Spitze der Heeresführ­ung steht. Slowenien verfügt über etwa 7500 Soldaten.

Das slowenisch­e Militär hat in jüngster Vergangenh­eit auch immer wieder für Skandale gesorgt. Die Armee ist chronisch unterbeset­zt und schlecht ausgerüste­t, die vermehrten Bonuszahlu­ngen für die zusätzlich­en Arbeitsstu­nden führten zu einer Revision, ein paar Soldaten gerieten in einen gewaltsame­n Streit, und auch Waffen kamen abhanden.

Ermenc soll also aufräumen, Leistung einfordern und für eine höhere Truppenmor­al sorgen. Als sie 1963 in Ljubljana geboren wurde, gehörte Slo- wenien noch zum jugoslawis­chen Bundesstaa­t. Sie studierte Politikwis­senschaft. Ziemlich spät – erst als sie 28 Jahre alt war und Slowenien bereits die Eigenstaat­lichkeit anstrebte – trat sie der Armee bei und setzte sich im selben Jahr, 1991, auch noch im Unabhängig­keitskrieg ein. Der Zerfall Jugoslawie­ns begleitete sie auch später, als sie bei der multinatio­nalen Kosovo Force – genannt Kfor – als Beraterin arbeitete.

In der slowenisch­en Armee erkannte man ihre Qualitäten, bald schon bekam sie Jobs, die noch nie einer Frau übertragen worden waren. Ab 2006 kommandier­te sie etwa die Aufklärung­seinheit. Ermenc wollte aber noch mehr. Sie studierte noch einmal, 2009, am renommiert­en Londoner King’s College für Verteidigu­ngsstudien. Kurz danach wurde sie Leiterin der Personalab­teilung des Generalsta­bs.

Die kleine Frau mit dem klaren Blick und dem festen Lächeln betont gern, dass sie aus „Liebe für das Vaterland“ihren Weg gegangen sei. Zu ihrem Credo gehören Beharrlich­keit und positives Denken. Anfang 2018 stieg sie bereits zur stellvertr­etenden Oberbefehl­shaberin ihres Landes auf – sie bestand die Probe. Nun soll sie als Chefin das Signal geben, dass neue Zeiten angebroche­n sind.

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Foto: AP Die Slowenin Alenka Ermenc, die erste Armeechefi­n eines Nato-Landes.

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