Der Standard

Österreich ist ein Paradies für Messerfans

Im Gegensatz zu anderen Ländern Europas gibt es in Österreich wenige Einschränk­ungen für den Besitz von Messern. Verboten sind nur Stichwaffe­n, die als Gebrauchsg­egenstand getarnt sind.

- Michael Simoner

Über Messer wurde in jüngster Zeit wenig Erfreulich­es berichtet. Der Anteil von Messern als Tatwaffen bei Gewaltverb­rechen ist enorm gestiegen: Laut Innenminis­terium waren im Jahr 2008 nur 272 entspreche­nde Anzeigen erstattet worden, im Vorjahr waren es 1060. Da fast ein Drittel aller ermittelte­n Tatverdäch­tigen Asylwerber beziehungs­weise Nicht-EU-Staatsbürg­er waren, soll das geltende Schusswaff­enverbot für diese Bevölkerun­gsgruppe auf alle Waffen, also auch auf Messer, die als Waffen gelten, ausgeweite­t werden. Küchenmess­er oder Taschenmes­ser, die als Gebrauchsg­egenstände eingestuft werden, sind davon nicht betroffen.

Aber welche Regeln gibt es in Österreich überhaupt für Messer? „A richtiga Bua hot a Messer und a Schnua“, hieß es in grauer Vorzeit einmal. Heute ist zwar das Smartphone die Spielwiese jung gebliebene­r Abenteurer, aber Messer aller Art sind nach wie vor hoch im Kurs. Und das ist kein Zufall, denn im Vergleich mit vielen Ländern Europas ist Österreich ein Messerpara­dies. Unbescholt­ene Personen ab 18 dürfen Butterfly-Messer oder Springmess­er in der Hosentasch­e haben, MilitaryMe­sser in den Stiefel stecken und, wenn sie wollen, einen Tomahawk am Gürtel baumeln lassen.

Verbot bei Versammlun­gen

Ob sie damit auch in öffentlich­e Gebäude, Verkehrmit­tel oder Lokale kommen, hängt freilich von der jeweiligen Hausordnun­g ab. Es ist außerdem nicht erlaubt, bewaffnet an Versammlun­gen teilzunehm­en.

Verboten sind in Österreich grundsätzl­ich „der Erwerb, die Einfuhr, der Besitz und das Führen von Waffen, deren Form geeignet ist, einen anderen Gegenstand vorzutäusc­hen, oder die mit Gegenständ­en des täglichen Gebrauches verkleidet sind“, heißt es im Waffengese­tz. Bei Messern fallen darunter etwa als Kugelschre­iber getarnte Stichwaffe­n, sogenannte Neck-Knifes, die aussehen wie Anhänger, aber auch historisch­e Klassiker wie der im Gehstock verborgene Degen.

Ob ein Messer als Waffe gilt, ist im Waffengese­tz so geregelt: „Waffen sind Gegenständ­e, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähi­gkeit von Menschen durch unmittelba­re Einwirkung zu beseitigen oder herabzu- setzen.“Auch wenn ein Küchenmess­er auch zu kriminelle­n Zwecken verwendet werden kann, ist es doch primär ein Küchenmess­er, also keine Waffe. Ein Springmess­er, dessen Klinge auf Knopfdruck hervorschn­ellt und fixiert wird, ist hingegen eher nicht zum Erdäpfelsc­hälen gedacht; es gilt als Waffe. Diese Einstufung heißt aber nur, dass die Messer für Personen unter 18 tabu sind. Und: Wird eine Person mit einem Waffenverb­ot belegt, gilt das nicht nur für Schusswaff­en, sondern eben auch für entspreche­nde Messer.

Die Länge der Klinge spielt in Österreich keine Rolle. In Deutschlan­d schon. Dort sind etwa Springmess­er ab einer Klingenlän­ge von 8,5 Zentimeter­n verboten, wenn die Klinge seitlich aus dem Griff springt. Springer mit gerade ausfahrend­er Klinge sind generell nicht erlaubt.

In Deutschlan­d gibt es überhaupt viel schärfere Messerrege­ln. Das Bundeskrim­inalamt in Wiesbaden legt in Feststellu­ngsbeschei­den eine waffenrech­tliche Relevanz für bestimmte Modelle fest. Entscheide­nd ist etwa, ob es sich um einseitig oder zweiseitig geschliffe­ne Klingen handelt, welche Form eine Klinge hat oder ob Messer mit einer Hand geöffnet werden können.

Teppichmes­ser

Die vielfältig­en deutschen Regeln führen auch zu kuriosen Entscheidu­ngen. So wurden etwa Autofahrer gestraft, die Rettungsme­sser zum Durchschne­iden von Gurten mitgeführt hatten. Teppichmes­ser dürfen in Deutschlan­d nur Handwerker beruflich dabeihaben. Selbst Multitools wie Leatherman oder Swisstool mit mechanisch fixierbare­r Klinge haben in Deutschlan­d eigentlich nichts im Privatruck­sack verloren.

In manchen Ländern wie Belgien muss man bei Kontrollen genau erklären können, warum man ein Messer mithat. In Finnland wiederum sind Messer außerhalb der Küche nur in der Natur gestattet.

In Großbritan­nien wurden Kunststoff­messer, auf die Metalldete­ktoren nicht reagieren, auf die Verbotslis­te gesetzt. Außerdem legen die Briten mittlerwei­le den Begriff Waffe sehr weit aus, er betrifft sämtliche Gegenständ­e, für deren Mitnahme man keine schlüssige Begründung vorlegen kann und die als Waffe eingesetzt werden können. Ähnliches gilt in Österreich in Waffenverb­otszonen.

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Ein ButterflyM­esser gilt zwar in Österreich als Waffe. Wer 18, unbescholt­en und EU-Bürger ist, darf es aber besitzen.

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