Fahrplan für die EU-Wahl
Die Europaskepsis ist in Österreich groß. Für SPÖ und Neos ein Grund, die Wähler stärker in die Programmerstellung einzubinden. Andere setzen auf Altbewährtes wie Migration und Grenzen.
Worauf die Parteien bei der kommenden EU-Wahl setzen und womit sie der Europaskepsis der Österreicher entgegenhalten.
Der Funke ist noch nicht ganz übergesprungen: In knapp sechs Monaten wird das Europäische Parlament gewählt, für die sechs österreichischen Parteien, die bis jetzt antreten wollen, wird es Zeit, Schwerpunkte zu setzen. Wer konkret ins EU-Parlament möchte, ist derzeit nur bei drei Parteien klar.
SPÖ Einen unfreiwillig frühen Start legte die SPÖ hin. Nach den Turbulenzen um den Rückzug von Christian Kern wurde Andreas Schieder als Spitzenkandidat nominiert, auch die übrigen Listenplätze sind bereits vergeben. Für die Erstellung des Programms wollen die Roten neue Wege gehen, einen breiten Partizipationsprozess aufstellen, um die Stimmung in der Bevölkerung einzufangen. „Weg von den Spindoktoren“, lautet das Motto aus der Löwelstraße. Es gebe einen „klaren Veränderungsauftrag“für Europa. Steuergerechtigkeit oder wie der Klimawandel gezähmt werden kann, stehen als Diskussionspunkte auf der Tagesordnung. Bis Anfang Februar soll das Programm stehen.
Neos Bei den Neos stellt sich die Situation umgekehrt dar. Sie haben zwar noch keinen Spitzenkandidaten, dafür basteln sie seit Sommer am Programm – Chefin Beate Meinl-Reisinger sieht den Urnengang auch als „Schicksalswahl“. Ein Fragebogen nach dem Vorbild von Emmanuel Macrons En Marche, mit dem die Neos innerhalb der Alde-Familie eine Allianz für die Wahl eingehen, wurde verschickt, und „Europabürgermeister“rückten aus, um mit Freunden EU-Themen zu debattieren. Erstes Fazit aus der Beteiligung: Die Europaliebe ist bei den Pinken noch stark, ins Zentrum wollen sie diese aber nicht mehr stellen. Globale Herausforderungen wie Klimawandel, Asyl, Wettbewerbsfähigkeit oder Sicherheit könnten nur gemeinsam gelöst werden, Nationalisten sollen aufgehalten werden. Ab sofort können sich Kandidaten für die Neos aufstellen lassen. Am 4. Jänner dürfen sie auf die Bühne, um sich vorzustellen, am 26. Jänner findet die Listenwahl statt. Das Programm soll Ende Februar stehen.
Grüne Für die Grünen wird Werner Kogler die EU-Wahl bestreiten, nachdem der derzeitige Delegationsleiter Michel Reimon auf eine Kandidatur verzichtet hat. Die europäischen Grünen haben gemeinsam Programmteile festgelegt – daraus leiten die österreichischen Grünen weitere Themen ab. Kogler will zeigen, dass Umwelt und Wirtschaft kein Widerspruch sein müssen. „Wir setzen uns gegen Agrarund Tierfabriken ein, hier sind wir kompetent und glaubwürdig.“Er will auch einen Umbau Industrie forcieren und Forschung und Innovation bei Ökologie fördern: „Hier ist viel grüne Musik dabei.“Von einer europäischen Wirtschaftspolitik verlangt er mehr Transparenz und eine konfrontative Stellung gegenüber Konzernen wie Facebook und Google. Grünes Credo: „Europäische Werte erhalten, aber Kritik an der EU akzeptieren“.
ÖVP Bei der Nationalratswahl konnten sie es gar nicht erwarten, in den Wahlkampf zu starten, jetzt steigen die Türkisen auf die Bremse. Erst wenn die Ratspräsidentschaft vorbei ist, will man sich über die EU-Wahl Gedanken machen. Ende des Jahres wird auch der bisherige Delegationsleiter und EU-Parlamentsurgestein Othmar Karas sagen, ob er antritt. Erst dann will sich die ÖVP festlegen, ob Karas in ihr Programm passt. Gut, dass die Anmeldefrist der Neos erst am 4. Jänner endet, wobei beide Seiten Gespräche zurückweisen. Ende Jänner will die ÖVP Liste und Programm fixieren. Große Überraschungen werden nicht erwartet: Alte Hits wie Mi- gration und Sicherung der Außengrenzen werden auch in diesem Wahlkampf wieder gespielt. Ob Karas hier mitmacht? Seine Anliegen seien eine „liberale, europäische Demokratie“, er spricht sich gegen Nationalismus aus und für eine Stärkung des Euro. Die Sicherung der Außengrenzen ist für ihn auch Thema, aber nicht das einzige.
FPÖ Dass Harald Vilimsky in Brüssel bleiben will, ist fix. Er strebt eine neue Rechtsfraktion im EU-Parlament an, die die bisherigen drei rechten Fraktionen vereinen soll. Dadurch will Vilimsky die Sozialdemokraten auf Platz drei verdrängen. Migration und Stärkung der nationalen Interessen stehen bei den Blauen wieder auf der Agenda.
Jetzt Antreten will die Liste Jetzt jedenfalls, Details über Spitzenkandidaten und Programm gibt es nicht vor Weihnachten, sagt Parteichefin Maria Stern. Klar ist für sie eine proeuropäische Grundrichtung: „Das soziale Europa wurde in der Vergangenheit vernachlässigt, Themen wie Steuerflucht, Klimaschutz und die Kluft zwischen Arm und Reich müssen in den Vordergrund – bloß nicht wieder Migration.“