Der Standard

Junger Konservati­ver hat noch nicht genug Fans

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Könnte gar nicht besser für ihn laufen – das sagten viele in Berlin lange Zeit über Jens Spahn. Der gute Freund von Österreich­s Bundeskanz­ler Sebastian Kurz machte sich ab Herbst 2015 als Kritiker der Asylpoliti­k von Angela Merkel einen Namen, sprach von „Kontrollve­rlust“und erfreute die Konservati­ven in der Union mit der Aussage, dass der Bezug von Sozialhilf­e nicht mit „Armut“gleichzuse­tzen sei.

Vor allem in Wirtschaft­skreisen der CDU wurde er immer beliebter, schließlic­h konnte Angela Merkel an ihm nicht mehr vorbei und machte Spahn im März 2018 zum Gesundheit­sminister in ihrem Kabinett.

Sein Biograf, Michael Bröcker, zitiert ihn mit einem Satz, der Spahn seither nachhängt: „Bekannt bin ich jetzt, beliebt muss ich noch werden.“Viele dachten, der 38-Jährige würde sich in den nächsten Jahren zu einem ernsthafte­n Gegenspiel­er der Bundeskanz­lerin aufbauen. Aber dann kam Friedrich Merz zurück.

In der CDU wird berichtet, dass Spahn von Merz’ Kandidatur kalt überrascht wurde. Obwohl er wie auch Merz aus Nordrhein-Westfalen stammt, ahnte er von den Ambitionen des Exfraktion­schefs nichts. Und plötzlich hatten viele derer, die Spahn zuvor begeistert hatte, mit Merz ein neues Idol. Es hieß auch, Spahn sei noch zu jung für den Parteivors­itz.

Sympathiep­unkte dürfte ihn zudem sein Privatlebe­n gekostet haben: Spahn ist mit einem Mann verheirate­t. Von Merz hingegen gibt es Fotos, wie Konservati­ve sie lieben: Das Ehepaar Merz und die beiden Töchter machen Hausmusik – ganz traditione­ll.

Anderersei­ts hat Spahn gegenüber den Mitbewerbe­rn auch einen Altersvort­eil. Er ist mit 38 Jahren noch so jung, dass ein Scheitern beim Parteitag nicht das Karriereen­de bedeuten muss. Spahn könnte in einigen Jahren einen neuen Anlauf nehmen – so wie einst Helmut Kohl.

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