Keine Bevorzugung von Sonderklassepatienten
Kurz: „Wird so nicht kommen“, auch Hartinger-Klein will niemanden besserstellen
Die Stofftragetaschen (#plastikfrei), die beim Ministerratsfoyer am Mittwoch als eine Art staatstragender Aktionismus auf den Polsterstühlen lagen, lieferten einen Hinweis: Die Regierung macht Ernst mit dem geplanten Plastiksackerlverbot. Die Eckdaten: Aktuell seien in Österreich allein im Lebensmittelhandel 400 Millionen Plastiksackerl im Umlauf – macht 5000 bis 7000 Tonnen Plastikmüll pro Jahr. Das Verbot soll ab 2020 gelten.
Außerdem versuche man, ein Verbot von Mikroplastik in Kosmetik- oder Reinigungsprodukten auf europäischer Ebene zu verhandeln, erklärte Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) – gelinge das nicht, werde diese Maßnahme national eingeführt, ebenfalls ab 2020.
Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) nahm sich viel Zeit und Raum, um zu erklären, warum man den Uno-Flüchtlingspakt, anders als den Migrationspakt, unterstütze. Demnach habe man eine entsprechende Erklärung sowie zusätzliche Erläuterungen in der Regierungssitzung verabschiedet. Damit soll sichergestellt sein, dass daraus keine Rechtskraft erwachse. Strache: „Das ist ein Bericht, der zur Kenntnis genommen wird, woraus sich niemals Verpflichtungen ableiten lassen.“
Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) präsentierte den bereits zuvor öffentlich gemachten „Masterplan Pflege“. Hier reicht der Zeitplan bis Ende 2019. Fix ist bis dahin wenig, schon gar nicht die Finanzierungsfrage. Es gehe jetzt um einen Gesprächsprozess mit Stakeholdern, also Ländern, Gemeinden und Nichtregierungsorganisationen. Auch internationale Vergleichsstudien sollen durchgeführt werden, erklärte das Regierungsteam.
Erfindung der Opposition
Außerdem musste HartingerKlein noch einmal zur Novelle des Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes, das am Dienstag den Gesundheitsausschuss passierte, Rede und Antwort stehen. Die Opposition sorgt sich um eine „Businessclass- und VIP-Behandlung für Sonderklassepatienten“, die damit einhergehen würde.
Das sei alles an den Haaren herbeigezogen, erklärten Kanzler und Sozialministerin. „Das wird so nicht kommen“, erklärte ÖVPChef Sebastian Kurz. Und Hartinger-Klein gab nach dem Ministerrat die Devise aus: „Das ist aufs Schärfste abzulehnen. Es ist jeder im stationären Bereich und im Ambulanzbereich gleich zu behandeln.“Intention der Novelle sei es nicht, „hier irgendjemanden besserzustellen“, das sei schlicht „eine Erfindung der Opposition“.
Die Passage, die hinter der Aufregung steckt, findet sich in den Erläuterungen des Gesetzes. Sie besagt: „Zur Unterstützung der Umsetzung des spitalsambulanten Abrechnungsmodells haben die Länder die Möglichkeit, die Einhebung von Sonderklassegebühren für jene Leistungen vorzusehen, die bisher stationär erbracht und für die die Verrechnung von Sonderklassegebühren möglich war, die nunmehr aufgrund des spitalsambulanten Abrechnungsmodells ambulant zu erbringen sein werden. Der Einhebung solcher Sondergebühren haben adäquate Leistungen gegenüberzustehen.“
Dem Kanzler scheint an Aufklärung gelegen, dass es keine wie auch immer geartete Sonderbehandlung im Ambulanzbereich geben solle: „Notfalls schreiben wir’s auch nochmal explizit ins Gesetz hinein, damit es hier nicht zu Falschinterpretationen kommt.“Und auch die Sozialministerin erklärte auf Nachfrage: „Schneller drankommen, das gibt es nicht!“Auch spezielle Wartebereiche würden mit der gesetzlichen Neuerung nicht kommen.
Tags zuvor fasst die Parlamentskorrespondenz die Position der Ministerin im Gesundheitsausschuss noch so zusammen: „Die Sonderklasse könnte etwa hinsichtlich des Wartebereichs oder der freien Arztwahl bestehen, informierte Bundesministerin Beate Hartinger-Klein.“Auf Rückfrage des Δtandard im Sozialministerium hieß es, die Ministerin sei falsch zitiert worden.