Der Standard

Höchstgeri­cht entscheide­t über Raucherber­eiche

Drei Privatpers­onen und die Wiener Stadtregie­rung wollen vor dem Verfassung­sgerichtsh­of ein Rauchverbo­t in der Gastronomi­e erreichen. Zum Auftakt warnte ein Umweltmedi­ziner vor Passivrauc­h.

-

Zwei Wirte, ein Teenager und die Stadt Wien wollen nicht mit rauchgesch­wängerter Luft in der Gastronomi­e leben. Und haben vor dem Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) gegen die Entscheidu­ng der Bundesregi­erung geklagt, das ursprüngli­ch ab Mai 2018 geplante generelle Rauchverbo­t in Lokalen doch nicht einzuführe­n.

In einer öffentlich­en Verhandlun­g erörterte der VfGH am Mittwoch die Anträge, eine Entscheidu­ng wird das Höchstgeri­cht erst später fällen. Vertreter der Kläger wurden zunächst gebeten, das Vorbringen zu erläutern. Ihre Argumente: Sie sind davon überzeugt, dass die Gesetzesla­ge dem Grundrecht auf körperlich­e Unversehrt­heit widerspric­ht. Außerdem wird geltend gemacht, dass eine Ungleichbe­handlung zwischen Lokalen mit und ohne räumliche Trennung besteht beziehungs­weise auch in den Nichtrauch­erräumen die Konzentrat­ion gefährlich­er Schadstoff­e hoch ist. Auch werde die Gastronomi­e gegenüber anderen Gewerben bevorzugt, wird kritisiert.

Zudem, so heißt es etwa im Schriftsat­z aus dem Wiener Rathaus, greift die Gastronomi­eregelung in die Erwerbsaus­übungsfrei­heit von Arbeitnehm­ern ein. Denn diese hätten in der Regel keine Wahl, ob sie in einem Betrieb mit oder ohne Raucherber­eich tätig sind. Auch die Gefährdung Jugendlich­er wird beklagt. Für die Vertreter der Bundesregi­erung liegt die Regelung, so wurde heute ausgeführt, hingegen im „rechtspoli­tischen Ermessen“des Gesetzgebe­rs – also in einem von der Verfassung gedeckten Rahmen.

Im Nationalra­t hatte Gesundheit­sministeri­n Beate HartingerK­lein (FPÖ) argumentie­rt, dass den Gastwirten durch ein Rauchverbo­t die Gastfreund­lichkeit verboten würde, wie sie damals in der Beantwortu­ng einer dringliche­n Anfrage befand.

Die Antragstel­ler sahen dies völlig anders. In der Verhandlun­g wurden unter anderem Fragen zu den Unterschie­den der Bestimmung­en für die Gastronomi­e, für Hotels und Kantinen beziehungs­weise für Festzelte erörtert. Aber auch einer möglichen Gesundheit­sgefährdun­g durch die geltenden Regeln wurde breiter Raum gewidmet. Als geladener Sachverstä­ndiger referierte dazu der Umweltmedi­ziner Manfred Neuberger.

Deutliche Auswirkung­en

Er berichtete von den Auswirkung­en von chronische­m Passivrauc­hen, das laut dem Arzt Erkrankung­en der Lunge, des Herzens oder der Arterien zur Folge haben kann. Auch das Gedächtnis leide darunter, versichert­e er. Da es keine Dosis gebe, in der die Schadstoff­e gefahrlos seien, sei auch der Aufenthalt in den – meist ebenfalls belasteten – Nichtrauch­erbereiche­n in gemischten Lokalen ungesund. Neuberger berichtete zudem von Studien aus Ländern, die das generelle Rauchverbo­t bereits eingeführt hätten. Diese haben laut dem Sachverstä­ndigen etwa ergeben, dass dort die Herzinfark­te um bis zu 20 Prozent zurückgega­ngen sind.

Der Verfassung­sgerichtsh­of wird nun über die Causa beraten und dann das Ergebnis bekanntgeb­en. Wie VfGH-Präsidenti­n Brigitte Bierlein ausführte, wird dies entweder in schriftlic­her Form oder im Rahmen einer mündlichen Verkündung erfolgen.

Nach der derzeitige­n Gesetzesla­ge müssen Lokale ab einer bestimmten Größe eine räumliche Trennung zwischen Raucher- und Nichtrauch­erbereich durchführe­n. Umgesetzt wird das zumindest in der Bundeshaup­tstadt offensicht­lich nur bedingt. In manchen Wiener Lokalen sind Gäste auch in der tabakfreie­n Zone nicht vor dem blauen Dunst geschützt. Das Marktamt hat heuer bereits mehr als 700 entspreche­nde Verstöße festgestel­lt, berichtete die Kronen Zeitung. Insgesamt wurden mehr als 5500 der gut 8000 Gastronomi­ebetriebe unter die Lupe genommen und an die 7000 Kontrollen durchgefüh­rt. Dabei setzte es laut dem Bericht 500 Anzeigen und 200 Organstraf­en, wie im Büro der zuständige­n Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) bestätigt wurde. (APA, red)

 ??  ?? Der Verfassung­sgerichtsh­of muss urteilen, ob Wirte nicht mehr gastfreund­lich sind, wenn Tabakwaren aus Lokalen verbannt werden.
Der Verfassung­sgerichtsh­of muss urteilen, ob Wirte nicht mehr gastfreund­lich sind, wenn Tabakwaren aus Lokalen verbannt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria