Kickls strittiger Neonazi- Sager
Minister meinte, der Begriff sei kein Straftatbestand
Am 21. November beantwortete Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) im Parlament eine dringliche Anfrage des Abgeordneten Peter Pilz (Liste Jetzt). Es ging um einen Neonazi, der als Security-Mann im BVT-Ausschuss Dienst versehen hatte. In seiner Rede tätigte Kickl auch folgende Aussage: „… die Begriffe Rechtsextremismus, Neonazi – alles Dinge, die unsere Rechtsordnung im Übrigen in der Form als Straftatbestände nicht kennt.“Unmittelbare Reaktionen darauf gab es nicht. der Δtandard fragte bei zwei Experten für das NS-Verbotsgesetz nach. Der Rechtshistoriker und Vizerektor der Uni Graz, Martin Polaschek, kommentiert Kickls Aussage folgendermaßen: „Wenn man mit dem Begriff ‚Neonazi‘ eine Person beschreibt, die NSGedankengut nachhängt bzw. es verbreitet, ist man nicht automatisch im Verbotsgesetz.“
Polaschek räumt ein: „Man kann auch ein Neonazi sein, ohne mit dem Verbotsgesetz in Berührung zu kommen, solange man sich nicht in der Öffentlichkeit entsprechend betätigt. Und der Rechtsextremismus ist sowieso nicht vom Verbotsgesetz erfasst.“Polaschek sagt, man müsse die Aussage „wohl gelten lassen“.
Auch Andreas Peham, Rechtsextremismus-Experte des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW), teilt die Einschätzung, dass Kickl „formal recht“habe, da „der Begriff Neonazi der österreichischen Rechtsordnung unbekannt“sei.
Peham betont aber: „Inhaltlich ist es aber falsch: Die Bekämpfung und das Verbot des Neonazismus oder der Betätigung im nationalsozialistischen Sinne haben in Österreich sogar Verfassungsrang“, erinnert er. Daher handle es sich um eine „verheerende Äußerung, die von den zuständigen Behördenteilen als Aufforderung verstanden werden kann, der Verfassung nicht mehr in vollem Ausmaß Genüge zu tun“. Peham führt dies weiter aus: „Schon zwischen 2000 und 2005 konnten Neonazis als solche demonstrieren. Es ist zu befürchten, dass unter einem Innenminister, der die Bedrohung von rechts außen derart verharmlost, die Handlungsspielräume für die NS-Wiederbetätigung wieder größer werden.“