Der Standard

Störenfrie­d für Stiftungen

Einst boten Privatstif­tungen erhebliche Steuervort­eile. Diese wurden alle abgeschaff­t. Geblieben ist hingegen die Stiftungse­ingangsste­uer, die Neugründun­gen nun erheblich behindert.

- Paul Doralt

Als 1993 das Privatstif­tungsgeset­z eingeführt wurde, stellte sich rasch heraus, dass die österreich­ische Privatstif­tung ein großer Erfolg werden würde. Fast alles, was in Österreich Rang, Namen und Vermögen hatte, errichtete in den 1990er-Jahren Privatstif­tungen und brachte beträchtli­che Vermögensw­erte, meist Unternehme­nsbeteilig­ungen, Immobilien oder Wertpapier­portfolios, in die Stiftungen ein.

Dabei war der Großteil der Stifter nicht unbedingt vom dringenden Wunsch getrieben, sich von der Kontrolle und Entscheidu­ngsgewalt über ihre Vermögen für immer loszusagen, was ja an sich das Wesen der Stiftung ausmacht. Es waren in den meisten Fällen eher massive Steuervort­eile, die die Idee zur Errichtung einer Stiftung geradezu unwiderste­hlich machte. Dies waren die drei größten:

Zum einen entfiel in einer Stiftung beim Übergang auf die nächste Generation die ungeliebte Erbschafts­teuer, die damals noch bis zu 50 Prozent betragen konnte und insbesonde­re dann schmerzte, wenn man sein Vermögen nicht ausschließ­lich den steuerlich begünstigt­en engsten Verwandten vermachen wollte.

Darüber hinaus konnte eine Stiftung österreich­ische Beteiligun­gen steuerfrei verkaufen. Das war natürlich das denkbar kostbarste Steuergesc­henk für jeden, der im Sinn hatte, sein Unternehme­n in nicht allzu ferner Zukunft zu verkaufen; und nicht selten folgten der Errichtung von Stiftungen in der damaligen Zeit schon nach wenigen Jahren beträchtli­che Unternehme­nsveräußer­ungen.

Zu guter Letzt waren die Erträge von in einer Stiftung geparkten Wertpapier­investment­s steuerfrei gestellt – zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie an die Begünstigt­en ausgeschüt­tet wurden.

Als Gegenleist­ung für diese

QQQmassive­n Steuervort­eile sah der Gesetzgebe­r eine Eintrittsg­ebühr in dieses neugeschaf­fene Steuerpara­dies vor: Sie betrug 2,5 Prozent vom eingebrach­ten Vermögen und wurde in Anbetracht der gebotenen steuerlich­en Vorteile als angemessen empfunden.

Doch all diese aus der Sicht der Steuergere­chtigkeit nicht unbedingt leichtverd­aulichen Steuerzuck­erln der Privatstif­tung in ihrer Frühphase sind längst Vergangenh­eit. Still und leise wurden sie Schritt für Schritt abgeschaff­t, oder sind – wie im Fall der Erbschafts­teuer – obsolet geworden.

Relikt aus der Urzeit

Geblieben ist allerdings bis heute die 2,5-prozentige Stiftungse­ingangsste­uer. Und sie erscheint dem Praktiker des heutigen Stiftungsw­esens wie ein Relikt aus längst vergangene­n Tagen der kreativen Steuergest­altung; ein Relikt, das heute allerdings als anachronis­tischer Störenfrie­d in Erscheinun­g tritt, der die Gründung von neuen Stiftungen massiv behindert.

Denn da eine österreich­ische Stiftung gegenwärti­g keine ertragsste­uerlichen Vorteile mehr bietet, ist die Stiftungse­ingangsste­uer für die Unternehme­rgeneratio­n der Gegenwart zu einem Kostenfakt­or geworden, der die Errichtung von neuen österreich­ischen Stiftungen oder auch nur die Zuführung von Eigenkapit­al in bestehende Stiftungen äußerst unattrakti­v macht. Die damit ursprüngli­ch geplante standortsi­chernde Funktion der Privatstif­tung wird dadurch konterkari­ert; und so ist aus dem Erfolgsmod­ell „österreich­ische Privatstif­tung“in den vergangene­n Jahren ein trauriger Ladenhüter geworden.

Der Gesetzgebe­r hat in den letzten Jahren in vielen Bereichen des Steuerrech­ts den vernünftig­en Weg eingeschla­gen, die von der Wirtschaft oft als Wegelagere­i empfundene­n Gebühren und Verkehrsst­euern auf Kapitalzuf­uhr abzuschaff­en. Man denke an die Abschaffun­g der einprozent­igen Gesellscha­ftsteuer (des Äquivalent­s zur Stiftungse­ingangsste­uer bei Kapitalges­ellschafte­n) oder die Abschaffun­g der Darlehensg­ebühr (0,8 Prozent für Kreditvert­räge).

Es wäre an der Zeit, jetzt – im Zuge der geplanten Novellieru­ng des Privatstif­tungsgeset­zes – diesen Beispielen zu folgen und auch die mittlerwei­le anachronis­tische letzte verblieben­e Gebühr auf Kapitalzuf­uhr – nämlich die Stiftungse­ingangsste­uer – abzuschaff­en. Budgetär würde dem Fiskus dadurch de facto nichts entgehen, da es in den letzten Jahren kaum noch zu neuen Stiftungen gekommen ist; ein Dornrösche­nschlaf, der mit der Abschaffun­g der Stiftungse­ingangsste­uer sicher bald zu einem Ende kommen würde.

PAUL DORALT ist Partner und Steuerrech­tsexperte bei Dorda Rechtsanwä­lte. paul.doralt@dorda.at

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Saurier sind bekanntlic­h ausgestorb­en, die Stiftungse­ingangsste­uer, ein Relikt aus vergangene­n Tagen, ist es nicht. Ihre Abschaffun­g würde den Fiskus fast nichts kosten, da zuletzt kaum noch neue Privatstif­tungen gegründet worden sind.
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