Weniger Deutschkurse, mehr Erntehelfer
Das AMS hat kein Extrabudget mehr für Deutschkurse und Integration. Komplett gestrichen werden Sprachtrainings nicht. Forciert werden soll die überregionale Vermittlung von Flüchtlingen – besonders in die Landwirtschaft.
Das nach zähem Ringen fixierte Budget des Arbeitsmarktservice (AMS) für das kommende Jahr wird für anerkannte Asylwerber zahlreiche Neuerungen bringen. Konkret gibt es erstmals eine Zielsetzung des AMS, die explizit auf die berufliche Integration von Flüchtlinge abstellt. Die Vorgabe lautet, dass es in den kommenden zwölf Monaten zu 9230 „überregionalen Arbeitsaufnahmen und Aufnahmen in der Landwirtschaft von Asylberechtigten“kommen soll.
Die Vorgabe ist ambitioniert, wenn man bedenkt, dass das AMS aktuell österreichweit 32.000 anerkannte Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte betreut.
Mit „überregionaler“Vermittlung ist vor allem die Besetzung von Jobs im Tourismussektor in Westösterreich gemeint. In den Tourismusregionen Tirols, Salzburgs und Vorarlbergs klagen Unternehmer immer wieder und lautstark über einen Mangel an Köchen und Kellnern. Ein großer Teil der Flüchtlinge, etwas weniger als ein Drittel, soll von Wien wegvermittelt werden.
In der Landwirtschaft ist dem Vernehmen nach vor allem angedacht, Flüchtlinge als Erntehelfer einzusetzen. Große Landwirte beklagen immer wieder, dass ihnen die Erntehelfer fehlen. Zwar gibt es Saisonkontingente für Drittstaatsangehörige, die für einige Monate nach Österreich zur Gurken- und Tomatenernte kommen können, doch vielen Landwirten reicht das nicht.
Klaus Hraby, Geschäftsführer von Efko, hat immer wieder öffentlich Druck in der Sache gemacht, und beklagt, dass Arbeitskräfte auf dem Land fehlen. Der Wunsch, das AMS-Vermittlungsziel für Flüchtlinge zu definieren, soll vom Sozialministerium gekommen sein.
Beim AMS gemeldete Arbeitslose sind dazu verpflichtet, außerhalb der Pendeldistanz Jobs in anderen Bundesländern anzuneh- men. Die Voraussetzung ist, dass bei den Betroffenen keine Betreuungspflicht entgegensteht. Der Arbeitgeber muss zudem ein adäquates Quartier bereitstellen.
Weigert sich zum Beispiel ein Wiener, einen in Tirol angebotenen Job anzunehmen, obwohl keiner der genannten Gründe dem entgegensteht, kann die Auszahlung von Arbeitslosengeld oder Mindestsicherung gesperrt werden.
Derzeit forciert die AMS-Landesorganisation in Wien bereits überregionale Vermittlung, etwa indem Arbeitgeber aus dem Westen zu Jobmessen geladen werden.
Allerdings gestaltet es sich in der Praxis oft schwierig, Menschen von Ost nach West zu bekommen. Wie beurteilen Experten den Vorschlag? Die Arbeitsmarktexpertin Gudrun Biffl geht davon aus, dass das AMS nur unqualifizierte Flüchtlinge in die saisonalen Tätigkeiten vermitteln wird, für alle anderen werde eher in weitere Ausbildungen investiert werden. Das ambitionierte Ziel, über 9000 Menschen zu vermitteln, hält sie für erreichbar. In Österreich gilt seit 2017, dass anerkannte Flüchtlinge zunächst nur für drei Jahre eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Danach wird der Status überprüft. Dabei spielt Integrationswilligkeit eine Rolle. Viele Flüchtlinge werden also ohnehin bemüht sein, schnell einen Job zu bekommen, für sie komme die Initiative recht, sagt Biffl.
Skeptisch zeigt sich der Arbeitsmarktexperte August Gächter. „Gerade bei Menschen ohne Ausbildung, die aber langfristig in Österreich bleiben werden, wäre es wichtiger, in eine Qualifizierung zu investieren“, sagt er. Die österreichische Wirtschaft suche händeringend qualifizierte Arbeitnehmer, „viele der anerkannten Flüchtlinge wären qualifizierbar“.
Kurse in Wien
Wie berichtet, wird 2019 noch eine Neuerung für Flüchtlinge bringen. Künftig wird es kein Extrabudget mehr für Flüchtlinge geben, bisher wurden sowohl Deutschkurse als auch das Integrationsjahr extra dotiert. Zum Integrationsjahr gehören etwa die Kompetenzfeststellungen.
Wie der Δtandard erfuhr, heißt das aber nicht, dass das AMS gar keine Integration mehr fördern wird. Den AMS-Landesgeschäftsstellen sind ein Budget und Ziele vorgegeben, über einen Teil der Gelder können sie verfügen. Das AMS Wien wird im kommenden Jahr noch rund 22.000 Plätze für Deutschkurse zur Verfügung stellen, heuer waren es rund 40.000. Auch die Kompetenzchecks bleiben in der Hauptstadt erhalten. Die Zahl der vom AMS betreuten Flüchtlinge ist zuletzt noch leicht gestiegen.