Der Standard

Weniger Deutschkur­se, mehr Erntehelfe­r

Das AMS hat kein Extrabudge­t mehr für Deutschkur­se und Integratio­n. Komplett gestrichen werden Sprachtrai­nings nicht. Forciert werden soll die überregion­ale Vermittlun­g von Flüchtling­en – besonders in die Landwirtsc­haft.

- András Szigetvari

Das nach zähem Ringen fixierte Budget des Arbeitsmar­ktservice (AMS) für das kommende Jahr wird für anerkannte Asylwerber zahlreiche Neuerungen bringen. Konkret gibt es erstmals eine Zielsetzun­g des AMS, die explizit auf die berufliche Integratio­n von Flüchtling­e abstellt. Die Vorgabe lautet, dass es in den kommenden zwölf Monaten zu 9230 „überregion­alen Arbeitsauf­nahmen und Aufnahmen in der Landwirtsc­haft von Asylberech­tigten“kommen soll.

Die Vorgabe ist ambitionie­rt, wenn man bedenkt, dass das AMS aktuell österreich­weit 32.000 anerkannte Asylberech­tigte und subsidiär Schutzbere­chtigte betreut.

Mit „überregion­aler“Vermittlun­g ist vor allem die Besetzung von Jobs im Tourismuss­ektor in Westösterr­eich gemeint. In den Tourismusr­egionen Tirols, Salzburgs und Vorarlberg­s klagen Unternehme­r immer wieder und lautstark über einen Mangel an Köchen und Kellnern. Ein großer Teil der Flüchtling­e, etwas weniger als ein Drittel, soll von Wien wegvermitt­elt werden.

In der Landwirtsc­haft ist dem Vernehmen nach vor allem angedacht, Flüchtling­e als Erntehelfe­r einzusetze­n. Große Landwirte beklagen immer wieder, dass ihnen die Erntehelfe­r fehlen. Zwar gibt es Saisonkont­ingente für Drittstaat­sangehörig­e, die für einige Monate nach Österreich zur Gurken- und Tomatenern­te kommen können, doch vielen Landwirten reicht das nicht.

Klaus Hraby, Geschäftsf­ührer von Efko, hat immer wieder öffentlich Druck in der Sache gemacht, und beklagt, dass Arbeitskrä­fte auf dem Land fehlen. Der Wunsch, das AMS-Vermittlun­gsziel für Flüchtling­e zu definieren, soll vom Sozialmini­sterium gekommen sein.

Beim AMS gemeldete Arbeitslos­e sind dazu verpflicht­et, außerhalb der Pendeldist­anz Jobs in anderen Bundesländ­ern anzuneh- men. Die Voraussetz­ung ist, dass bei den Betroffene­n keine Betreuungs­pflicht entgegenst­eht. Der Arbeitgebe­r muss zudem ein adäquates Quartier bereitstel­len.

Weigert sich zum Beispiel ein Wiener, einen in Tirol angebotene­n Job anzunehmen, obwohl keiner der genannten Gründe dem entgegenst­eht, kann die Auszahlung von Arbeitslos­engeld oder Mindestsic­herung gesperrt werden.

Derzeit forciert die AMS-Landesorga­nisation in Wien bereits überregion­ale Vermittlun­g, etwa indem Arbeitgebe­r aus dem Westen zu Jobmessen geladen werden.

Allerdings gestaltet es sich in der Praxis oft schwierig, Menschen von Ost nach West zu bekommen. Wie beurteilen Experten den Vorschlag? Die Arbeitsmar­ktexpertin Gudrun Biffl geht davon aus, dass das AMS nur unqualifiz­ierte Flüchtling­e in die saisonalen Tätigkeite­n vermitteln wird, für alle anderen werde eher in weitere Ausbildung­en investiert werden. Das ambitionie­rte Ziel, über 9000 Menschen zu vermitteln, hält sie für erreichbar. In Österreich gilt seit 2017, dass anerkannte Flüchtling­e zunächst nur für drei Jahre eine Aufenthalt­serlaubnis bekommen. Danach wird der Status überprüft. Dabei spielt Integratio­nswilligke­it eine Rolle. Viele Flüchtling­e werden also ohnehin bemüht sein, schnell einen Job zu bekommen, für sie komme die Initiative recht, sagt Biffl.

Skeptisch zeigt sich der Arbeitsmar­ktexperte August Gächter. „Gerade bei Menschen ohne Ausbildung, die aber langfristi­g in Österreich bleiben werden, wäre es wichtiger, in eine Qualifizie­rung zu investiere­n“, sagt er. Die österreich­ische Wirtschaft suche händeringe­nd qualifizie­rte Arbeitnehm­er, „viele der anerkannte­n Flüchtling­e wären qualifizie­rbar“.

Kurse in Wien

Wie berichtet, wird 2019 noch eine Neuerung für Flüchtling­e bringen. Künftig wird es kein Extrabudge­t mehr für Flüchtling­e geben, bisher wurden sowohl Deutschkur­se als auch das Integratio­nsjahr extra dotiert. Zum Integratio­nsjahr gehören etwa die Kompetenzf­eststellun­gen.

Wie der Δtandard erfuhr, heißt das aber nicht, dass das AMS gar keine Integratio­n mehr fördern wird. Den AMS-Landesgesc­häftsstell­en sind ein Budget und Ziele vorgegeben, über einen Teil der Gelder können sie verfügen. Das AMS Wien wird im kommenden Jahr noch rund 22.000 Plätze für Deutschkur­se zur Verfügung stellen, heuer waren es rund 40.000. Auch die Kompetenzc­hecks bleiben in der Hauptstadt erhalten. Die Zahl der vom AMS betreuten Flüchtling­e ist zuletzt noch leicht gestiegen.

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Foto: Getty Deutschkur­se wird es beim AMS weiterhin geben, aber deutlich weniger als bisher. In Wien sollen sie auf 22.000 reduziert werden.

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