Der Standard

E-Mobilität als Jobvernich­ter

Deutsche Forscher warnen vor Arbeitspla­tzverlust

-

Wien – Noch sind E-Autos ein Minderheit­enprogramm. Experten erwarten, dass mit der Zunahme an verfügbare­n Modellen strombetri­ebene Pkws in etwa zwei Jahren eine echte Alternativ­e sein werden. Geht es nach Forschern des deutschen Instituts für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung (IAB), könnte die Umstellung von Verbrennun­gs- auf Elektromot­oren langfristi­g weitreiche­nde Folgen für die deutsche Wirtschaft haben. In einer aktuellen Studie kommen sie zum Schluss, dass im Jahr 2035 knapp 114.000 Arbeitsplä­tze verlorenge­gangen sein könnten. Die deutsche Wirtschaft wäre mit 20 Milliarden Euro betroffen.

Vor allem im Fahrzeugba­u würden Stellen wegfallen, 83.000 an der Zahl, warnen die Forscher. Andere Branchen müssten über 30.000 Stellen abbauen. Auch wenn gleichzeit­ig neue Jobs geschaffen würden, etwa bei Stromverso­rgern, Dienstleis­tern und im verarbeite­nden Gewerbe, unter dem Strich würden mehr Jobs wegfallen als neue entstehen. „Von der Elektrifiz­ierung des Antriebsst­rangs werden vor allem Fachkräfte negativ betroffen sein“, erwartet das Forschungs­institut. „Zeitverzög­ert sinkt auch der Bedarf nach Spezialist­en- und Expertentä­tigkeiten. In der längeren Frist ergeben sich negative Effekte für alle Anforderun­gsniveaus.“

Autoexpert­e Christoph Stürmer von der Beratungsg­esellschaf­t Pricewater­house Coopers (PWC) kann die pessimisti­sche Einschätzu­ng nicht nachvollzi­ehen. „Die Wertschöpf­ung wird sogar steigen“, sagt Stürmer. Abgesehen vom Verbrennun­gsmotor sei alles andere auch in einem E-Auto eingebaut, argumentie­rt er. Was den Motor betrifft, so bestehe dieser zwar aus weniger Teilen, dafür würden in leistungsf­ähigeren EAutos bis zu vier Motoren verbaut.

Dass Europa in Sachen Batterieun­d Speicherte­chnologie – das teuerste Stück in einem E-Auto – hinterherh­inke, gelte es allerdings schnellste­ns zu korrigiere­n. Auch Spezialist­en im Bau von Verbrennun­gsmotoren – wozu etwa das BMW-Werk in Steyr zählt – sieht er nicht dem Untergang geweiht. Der Verbrennun­gsmotor werde auch in Hybridmode­llen gebraucht, sagt Stürmer. Langfristi­g hieße es für die jeweiligen Zulieferer, von Metall- auf Carbonteil­e umzustelle­n, sich zum Zulieferer für E-Motoren zu mausern. „Kein Stück ist da billiger als bei den Verbrennun­gsmotoren.“

Auch Geld sei mit den Stromern zu verdienen, so Stürmer: Elektroaut­os seien zwar im Betrieb günstiger, die Anschaffun­gskosten würden aber kaum sinken. Ohnehin würde wohl nur noch ein Fünftel der Autofahrer seinen fahrbaren Untersatz in bar kaufen, der Rest würde finanziere­n oder leasen. Insgesamt werde also für E-Autos mehr Geld ausgegeben. Bleibe also genug für alle Beteiligte­n, um in der Übergangsp­hase zu investiere­n. (rebu)

Newspapers in German

Newspapers from Austria