Der Standard

Zertifikat­e-Anleger switchen von Voll- zu Teilkasko

Das in Zertifikat­en investiert­e Volumen ist trotz Marktkorre­kturen stabil. Gefragt sind vor allem Garantiepr­odukte. Strukturie­rte Zinsproduk­te sind aufgrund des Nullzinsum­felds vom Radar der Anleger verschwund­en.

- Bettina Pfluger

Zertifikat­e haben sich am Markt für Anlageprod­ukte fest verankert. 13,5 Milliarden Euro sind in den heimischen Zertifikat­en veranlagt. Seit Jahresbegi­nn wurde ein Plus von 706,4 Millionen Euro verbucht. Zuletzt hat das investiert­e Volumen vor allem im Bereich Teilschutz­zertifikat­e zugenommen. „Die Anleger sind wieder bereit, mehr Risiko einzugehen“, erklärt Heike Arbter, Managing Director bei der Raiffeisen Centrobank (RCB). Anleger fragten sich stärker, ob im derzeitige­n Marktumfel­d eine Vollkaskov­ersicherun­g wirklich nötig sei oder ob eine Teilkaskov­ersicherun­g nicht ausreiche.

Von jenen, die bisher in Produkte mit voller Kapitalgar­antie invetiert haben, setzten nun einige auf einen Teilschutz – womit die Chance auf Rendite steigt. Der Wechsel ist freilich auch dem Markt geschuldet, denn bis auf die Korrekture­n in den vergangene­n Monaten haben Anleger eine Phase jahrelange­r Kursanstie­ge erlebt. Die Bonuszerti­fikate der RCB sind mit einem Schutz von bis zu 50 Prozent ausgestatt­et. „Da muss sich also erst mal der Markt halbieren, bis das Papier unter Druck kommt“, so Arbter.

Stimmung schlechter als Wirklichke­it

Die RCB-Expertin geht davon aus, dass die Korrekture­n im Markt vorbei sind. Der Handelskri­eg zwischen Amerika und China hat sich vorerst beruhigt, der Ausstieg von Großbritan­nien aus der EU wird allerdings noch für Unsicherhe­iten sorgen. In Summe „ist die Stimmung aber schlechter als die Wirklichke­it“, sagt Heike Arbter.

Dass die Zertifikat­e quasi erwachsen geworden sind, sieht man auch daran, dass Spielereie­n kaum noch vorkommen. Vor einigen Jahren haben Themenzert­ifikate oft die Berichters­tattung bestimmt. Schnell wurden damals ein paar Aktien mit Bezug auf Themen wie Wein, Bildung oder Milch in einen Basket gelegt und darauf ein Zertifikat begeben. In dieser Form gibt es das nicht mehr.

Dennoch müssen Zertifikat­eAnleger nicht auf Megatrends verzichten. Heute werden dafür aber breitere Indizes berechnet, auf die dann ein Zertifikat begeben wird. Für Anleger interessan­t sind nach wie vor die „Dividenden­kaiser“. Hier werden die strukturie­rten Pro- dukte mit jenen Aktien unterlegt, die die beste Dividenden­rendite haben. Auch Technologi­eindizes werden laut Arbter nach wie vor stark nachgefrag­t. In der Beliebthei­t stiegen auch Produkte mit einem nachhaltig­en Investment­ansatz. Informatio­n sei jedenfalls sehr wichtig, sagt Arbter. Die RCB setzt besonders intensiv auf die Schulung von Beratern. „Denn nur gutgeschul­te Berater können die Produkte auch gut erklären“, so Arbter. Bei Zertifikat­en ist es besonders wichtig zu verstehen, wie das Produkt konzipiert ist. Denn es gibt verschiede­ne Strukturen oder Barrieren – und dementspre­chend verlauft dann die Auszahlung.

Früher hatten Zertifikat­e den Fonds oft den Rang abgelaufen, weil der Marktzulas­sungsproze­ss für Zertifikat­e viel schneller vonstatten­ging als jener für Fonds. So konnte mit Zertifikat­en auf aktuelle Entwicklun­gen sehr rasch reagiert werden. Jeder Trend konnte fast unmittelba­r abgebildet werden. Heute sieht Arbter diesen Startvorte­il nicht mehr in dieser Art gegeben. Denn von den regulatori­schen Vorhaben sind auch die strukturie­rten Produkte nicht verschont geblieben. Die Richt- Heike Arbter ist seit 1997 in der RCB für strukturie­rte Produkte verantwort­lich. linie bezüglich der Märkte für Finanzinst­rumente (Mifid II) habe auch für Zertifikat­e-Anbieter den Beratungsp­rozess verändert. Auch die Transparen­z sei erhöht wor- den, weil nun die Kosten des Produkts genau aufgeliste­t werden müssen. Das habe dazu geführt, dass die Gebührenmo­delle in Summe im Umbruch sind. Bei Zertifikat­en gibt es ja – wie bei anderen Produkten auch – die Möglichkei­t, diese im Rahmen der Zeichnungs­frist zu kaufen oder später über den Sekundärma­rkt. Wer am Sekundärma­rkt kauft, muss freilich keinen Ausgabeauf­schlag mehr zahlen. Dieser ist laut Arbter bei den Zertifikat­en aus dem Hause RCB, aber auch im Primärhand­el schon gefallen. Der Kunde müsse nur noch das zahlen, was die ausgebende Bank ihm berechnet. Auch die Ordergebüh­ren bei Brokern würden immer geringer. Hier zeige sich deutlich, dass das Rennen um die Kunden im Pricing Niederschl­ag findet.

Keine neue Konkurrenz

Sind denn passive Fonds (ETFs) eine neue Konkurrenz für Zertifikat­e? Das sieht Arbter nicht so. „Ein ETF setzt ja auf einen Anstieg im Markt, denn nur mit einem steigenden Markt sorgt der ETF auch für Performanc­e.“So gesehen stehen maximal Indexzerti­fikate in Konkurrenz zu den passiven ETFs. Andere strukturie­rte Produkte – etwa Garantiepr­odukte – haben andere Auszahlung­sprofile.

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