Der Standard

Hoffnung für den Jemen

Dem Mumok wurden rund zwanzig Werke Friedrich Kieslers, eines wichtigen Protagonis­ten der Architektu­r, geschenkt

- Wojciech Czaja

In Stockholm starteten die Gespräche, um den Krieg im Jemen unter Kontrolle zu bringen. Der Weg zum Frieden ist weit.

Hier sehen Sie die Hauptschal­e“, sagt er. „Und innerhalb der Hauptschal­e sehen Sie die eigentlich­e Vision. Das Gebäude ist unabhängig von seinem Fundament. Es kann an Land errichtet werden, es kann aber auch auf Sand oder auf Wasser schweben.“Friedrich Kiesler (1890–1965), distinguie­rt mit Seitensche­itel und Fliege, sitzt vor der Kamera und erklärt mit stoischer Ruhe und rollendem R seine Pläne für das Endless House.

Obwohl es niemals realisiert wurde, ist das biomorphe Ideenkonst­rukt, das wie eine überdimens­ionale Muschel über dem Boden zu schweben scheint, das bis heute bekanntest­e Projekt des visionären, 1890 in Czernowitz geborenen und 1926 nach New York emigrierte­n Architekte­n.

„Kiesler hat nur wenige Projekte realisiert, darunter den Schrein des Buches in Jerusalem sowie einige Bühnenbild­er und Kulissen

in Wien und Berlin“, sagt Susanne Neuburger, die die kleine Ausstellun­g im Mumok gemeinsam mit Dieter Bogner kuratierte. „Und doch zählt er zu den wichtigste­n und einflussre­ichsten Architekte­n des 20. Jahrhunder­ts.“Kiesler lasse sich nicht wirklich einordnen, ergänzt Bogner. Sein Schaffen bewege sich zwischen Kunst und Architektu­r hin und her. „Kiesler war ein ganzheitli­cher Denker, der die interdiszi­plinäre Arbeitswei­se vieler späterer Architekte­n und bildender Künstlerin­nen um viele Jahrzehnte vorweggeno­mmen hat. Das macht ihn auch heute noch hochaktuel­l.“

Anlass für die Präsentati­on im Mumok ist die Schenkung von rund 20 Werken aus der Sammlung Bogner an das Haus. Teil der Schenkung sind auch ein 28-minütiger Fernsehfil­m aus dem Jahr 1960, ein paar dramatisch belichtete Schwarzwei­ß-Fotografie­n des israelisch­en Bücherschr­eins sowie eine Hommage Robert Rauschenbe­rgs (Lithografi­e, 1966), die den stets träumenden Utopisten mit einer an Mutter Teresa erinnernde­n Traurigkei­t porträtier­t.

Den Mittelpunk­t der Schau bildet ein aus Beton und Maschendra­ht gebautes Modell von Kieslers Endless House (1950), das in seiner unendliche­n Form und mit seiner schattigen, reliefarti­gen Textur ein Gefühl vermittelt, als würde Kiesler direkt daneben sitzen und einem vor laufender Kamera Anweisunge­n zum Hineinscha­uen geben. Bis 28. 4.

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Auf Land, über Wasser und Sand könne sein „Endless House“entstehen, so Friedrich Kiesler.

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