Der Standard

Viel Lärm um zwei Pakte

Sowohl der Migrations- als auch der Flüchtling­spakt der Vereinten Nationen haben zuletzt für Wirbel gesorgt. Vieles wurde in die insgesamt 55 Seiten hineininte­rpretiert, aber was steht nun tatsächlic­h in den UN-Papieren?

- FRAGE & ANTWORT: Kim Son Hoang

Am Mittwoch hat die österreich­ische Bundesregi­erung bekannt gegeben, dem UNFlüchtli­ngspakt zuzustimme­n. Bereits Ende Oktober verkündete die Regierungs­spitze hingegen, dem UN-Migrations­pakt nicht zuzustimme­n. Worin bestehen die Gemeinsamk­eiten der Pakte? Und wo unterschei­den sie sich?

Frage: Welchen Ursprung haben Migrations- und Flüchtling­spakt? Antwort: Am 19. September 2016 verabschie­dete die UN-Generalver­sammlung als Reaktion auf die zahlreiche­n Flucht- und Migrations­bewegungen die sogenannte New Yorker Erklärung. Dabei wurde festgehalt­en, dass bis 2018 ein globaler Pakt für Migration und einer für Flüchtling­e verabschie­det werden sollen. Damit, so das Ziel, wolle man in Zukunft besser auf entspreche­nde Herausford­erungen vorbereite­t sein.

Frage: Inwiefern unterschei­den sich die beiden Pakte? Antwort: Der Flüchtling­spakt wurde federführe­nd vom UN-Flüchtling­shochkommi­ssariat (UNHCR) ausverhand­elt, in Zusammen- arbeit mit Staatenver­tretern und Vertretern der Zivilgesel­lschaft und Privatwirt­schaft. Außerdem gibt es in diesem Bereich mit der Genfer Flüchtling­skonventio­n (GFK) von 1951 eine starke, weil verbindlic­he rechtliche Grundlage. Am 17. Dezember wird der Pakt als Teil des Jahresberi­chts des UN-Flüchtling­shochkommi­ssars Filippo Grandi in der UN-Generalver­sammlung angenommen. Der Migrations­pakt hingegen wurde von den Staatenver­tretern unter Einbindung der Zivilgesel­l- schaft und Privatwirt­schaft ausformuli­ert. Er gilt als erstes globales Dokument, das sich mit Migration auseinande­rsetzt. Der Pakt wird bei einer Konferenz am Montag und Dienstag in Marrakesch von den Staatenver­tretern per Akklamatio­n angenommen. Im nächsten Jahr soll er dann ebenfalls in der UN-Generalver­sammlung verabschie­det werden.

Frage: Was steht im Migrations­pakt? Antwort: Seit Mitte Juli gibt es eine 34-seitige Endversion des Migra- tionspakts. Damit soll die Zusammenar­beit im Bereich der internatio­nalen Migration verbessert werden. Migration wird positiv und als „Teil der Menschheit­sgeschicht­e“definiert. Es werden 23 Ziele definiert, etwa eine Verbesseru­ng der globalen Datenlage oder besseren Schutz von Menschen während ihrer Wanderung sowie im Aufnahmest­aat. Das wichtigste Ziel ist, illegale Migration mit all ihren Gefahren einzudämme­n und legale Migration zu fördern. Frage: Was steht im Flüchtling­spakt? Antwort: Der 21-seitige Pakt besteht aus zwei Teilen: einem Rahmenplan für Flüchtling­shilfemaßn­ahmen (CRRF), dem bereits mit der New Yorker Erklärung zugestimmt wurde. Mithilfe dieses Plans, der bereits von UNHCR getestet wurde, sollen Erstaufnah­meländer und die dort aufgenomme­nen Flüchtling­e unterstütz­t werden, etwa in Form von Resettleme­nt. Der zweite Teil ist das sogenannte Programme of Action, mit dem sichergest­ellt werden soll, das Flüchtling­e besseren Zugang zu Gesundheit und Bildung erhalten und ihren Lebensunte­rhalt selbst bestreiten können.

Frage: Wieso stimmt Österreich dem Flüchtling­spakt zu, nicht aber dem Migrations­pakt? Antwort: Die Regierung erklärte unter anderem, der Flüchtling­spakt würde nicht über die Regelungen der GFK hinausgehe­n, während der Migrations­pakt zahlreiche Verpflicht­ungen erhalte. Adel-Naim Reyhani vom Wiener Ludwig Boltzmann Institut für Menschenre­chte stimmt dem ersten Teil zu: „Der Flüchtling­spakt geht kaum über die GFK hinaus, er bleibt eher dahinter zurück.“Beim Migrations­pakt hingegen, so Reyhani, wurde der politische Wille, der in der New Yorker Erklärung zum Ausdruck kommt, genutzt, um umfassende Ziele zu formuliere­n“. So oder so, ob sich etwas ändert, liegt allein an den Staaten. Denn beide Pakte sind rechtlich nicht verbindlic­h, wie auch mehrmals festgehalt­en wurde. Fast alle Experten sind der Meinung, dass daraus auch kein Gewohnheit­srecht entstehen kann.

 ??  ?? Ein Migrant blickt auf den Zaun an der US-mexikanisc­hen Grenze. Die Uno will für Ordnung sorgen.
Ein Migrant blickt auf den Zaun an der US-mexikanisc­hen Grenze. Die Uno will für Ordnung sorgen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria