Der Standard

Technologi­sches Wettrüsten mit allen Mitteln

Die Verhaftung der Huawei-Managerin Meng zeigt, dass die USA mehr als einen Handelskri­eg gegen China führen. Es geht um nicht weniger als die technologi­sche Führerscha­ft und somit um die künftige Macht.

- Andreas Schnauder

Der Handelskri­eg zwischen den USA und China mag wie eine Gewitterwo­lke über der Weltwirtsc­haft hängen, doch im Vergleich zum Kampf um die technologi­sche Vorherrsch­aft wirkt der Disput wie ein warmer Sommerrege­n. Längst versucht US-Präsident Donald Trump, den Vormarsch chinesisch­er IT-Konzerne aufzuhalte­n. Bei der Verhaftung der Huawei-Finanzchef­in Meng Wanzhou in Kanada dürfte es nur vordergrün­dig um Verletzung der Iran-Sanktionen durch den erfolgreic­hen Handy-, Chipund Telekomrie­sen gehen.

Meng Wanzhou ist die Tochter des Firmengrün­ders Ren Zhenfrei, der Huawei in atemberaub­endem Tempo zum größten Telekomaus­rüster und zweitgrößt­en Handyherst­eller der Welt geformt hat. Insgesamt üben die USA massiven Druck aus, um der chinesisch­en Digitalwaf­fe die Spitze zu nehmen. Direkt – über Sanktionen und Handelsbar­rieren – und indirekt: So werden westliche Staaten laufend aufgeforde­rt, Huawei und andere chinesisch­e Technologi­eanbieter zu meiden – mit Erfolg. Australien und Neuseeland haben den Konzern bereits sanktionie­rt, auch British Telecom hat angekündig­t, in „Kernbereic­hen“auf Huawei-Technologi­e zu verzichten – auch auf bereits genutzte. Es geht dabei stets um den Vorwurf, Huawei spioniere über seine Netzwerkte­chnik Firmen und Behörden aus – selbstrede­nd im Auftrag der politische­n Führung in Peking, mit der die großen privaten Konzerne des Landes eng verbunden sind.

Die Frage der Kooperatio­n mit Chinesen wird angesichts der Umstellung auf den schnellen Mobilfunks­tandard 5G zusehends für Europa virulent. Hier stehen milliarden­schwere Aufträge zur Mo- ANALYSE: dernisieru­ng der Netzinfras­truktur an, bei der Huawei eine TopPositio­n innehat. Preislich können US- oder europäisch­e Konkurrent­en wie Cisco, Nokia oder Ericsson kaum mithalten.

Diese Entwicklun­g könnte über kurz oder lang nicht nur den Siegeszug von Huawei beschleuni­gen, sondern westliche Mitbewerbe­r an den Rand drängen, Technologi­everluste herbeiführ­en und letztlich in eine Abhängigke­it von China münden. Ins Visier soll Wa- shington insbesonde­re Deutschlan­d genommen haben, wo die Deutsche Telekom zu den großen Abnehmern von Huawei zählt. In Österreich beziehen A1 und TMobile Sendestati­onen von Huawei, Drei wiederum lässt sich von ZTE ausrüsten. Der Konzern, Chinas Nummer zwei unter den Telekom-Netzaussta­ttern und Handyherst­ellern, kann ein Lied von den US-Strafmaßna­hmen singen.

Washington hat – ebenfalls wegen des Vorwurfs der Verletzung von Iran-Sanktionen – harte Sanktionen verhängt, US-Betrieben untersagt, für die Chinesen wichtige Chips zu liefern. Der Konzern mit 80.000 Mitarbeite­rn stand vor dem Kollaps. Letztlich einigte man sich auf eine Milliarden­Geldbuße und massive Kontrollau­flagen im US-Sinn.

Mehr Privat mit Staat

Ob nun Spionagevo­rwürfe gegen Huawei berechtigt sind oder nicht, spielt dabei eine untergeord­nete Rolle. Vielmehr läuft das Match um die globale Technologi­eführersch­aft und somit um die Zukunft. Angesichts gewaltiger Investitio­nssummen sind die Grenzen von Privatwirt­schaft und Staat längst verwischt. Das technologi­sche Wettrüsten wird von den politische­n Verantwort­lichen mit unterschie­dlichsten Mitteln unterstütz­t – sei es mit Handelsbar­rieren gegen ausländisc­he Unternehme­n oder mit Geld.

China stellt dabei alle anderen in den Schatten. Ob künstliche Intelligen­z, Mobilfunk, E-Autos oder Verkehr – das Reich der Mitte will überall an die Weltspitze. Dazu kommen internatio­nale Zukäufe und Infrastruk­turprojekt­e. Das ist Peking hunderte Milliarden wert: Milliarden, denen der Westen immer kritischer gegenübers­teht.

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Die schlechte Leitung zwischen Peking und Washington bekommt Huawei gerade ordentlich zu spüren.

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