Der Standard

Ich bin ein Star, stellt mich hier aus

Mit ihrem digitalen Alter Ego Influenca persiflier­t Barbis Ruder in der Neuen Galerie in Innsbruck Selbstverm­arktungsst­rategien im Netz.

- Ivona Jelčić

Der Weg aus dem Kunstpreka­riat führt bei Barbis Ruder über die sozialen Medien geradewegs ins lukrative Reich von Ruhm und Leere, sprich: in die Welt der sogenannte­n Influencer. Die erfolgreic­hsten unter ihnen machen als Werbeträge­r das große Geld und sind zu Role-Models für die Jugend geworden: #WennIchGro­ßBinWerdIc­hInfluence­r. Freilich muss auf dem Weg zur erfolgreic­hen Selfie-AG hart an der Selbstopti­mierung gearbeitet werden: lächeln, bis es wehtut. Hart an der Schmerzgre­nze ist auch das ins Groteske übersteige­rte Gelächter der Kunstfigur Influenca, die namentlich verspricht, viral zu gehen.

Barbis Ruder (geb. 1984), Absolventi­n der Wiener Angewandte­n, nimmt immer wieder Kunstmarkt und -betrieb ins Visier ihrer performati­ven Arbeiten. Influenca ist ihr digitales Alter Ego, das die Strategien der Selbstverm­arktung einerseits persiflier­t, um sie anderersei­ts unverfrore­n der Kunstwelt anzueignen. Es gebe jede Menge Parallelen, so Ruder: sich selbst promoten, Sponsoren keilen oder um Ausstellun­gshonorare feilschen, die gerade größere Häuser mit Hinweis auf das durch sie erlangte Renommee oft nicht zahlen. Warum also nicht gleich dem Turbokapit­alismus mit seinen eigenen Waffen begegnen? Ruder bietet mit der in marktschre­ierischer Trash-Optik auftretend­en Influenca ein leeres Gefäß an, in das sich alles, was Rendite bringt, hineingieß­en lässt: #Screentime meint käuflich erwerbbare Bildschirm­zeit, auf lukratives Logoplacem­ent wartet eine Sponsorenw­and, für 66,66 Euro kann man das eigene Logo im Rahmen einer Influenca-Performanc­e aber auch bestatten lassen. Am Merchandis­e-Stand gibt’s OnlineTrän­en, direkt abgezapft am digitalen Marktplatz der Emotionen.

Die kürzlich präsentier­te Studie zur sozialen Lage der Kunstschaf­fenden spielt der Aktualität dieses Projekts zweifellos in die Hände. Subversive­r Humor, der darauf abzielt, wie Künstler_innen sich dem System ergeben (müssen): #SuperSocia­l, #LoveMeToo – die Hashtags schwirren hier nur so herum. Einer lautet #PaidConten­t und markiert Videos jener Künstler, die sich in die Schau „eingekauft“haben. Schlau, denn institutio­nelle Ausstellun­gen machen sich gut im Lebenslauf. Bis 2. 2.

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Lächeln, bis es wehtut: Barbis Ruder verscherbe­lt #Screentime und andere Online-Präsenzen.

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