Der Standard

Landhäusl, teilentmün­digt

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Es hieße, die Dämonisier­ung der FPÖ eine Nuance zu weit zu treiben, vergliche man die Austreibun­g Landbauers durch Waldhäusl mit der des Beelzebub durch den Krampus. Dass der teuflische Gottfried erst im Austausch gegen den burschikos­en Udo zu Würde und Amt eines niederöste­rreichisch­en Landesrate­s erhoben werden konnte, weist lediglich auf ein freiheitli­ches Personalpr­oblem hin, das der Bundeskanz­ler bei der mutuellen Selbstbefr­iedigung anlässlich der „papierenen Hochzeit“von Türkis und Blau in dem olfaktoris­chen Lemma „Landhäusl“zusammenfa­sste – der erste an ihm feststellb­are Geniestrei­ch, der daher von manchen prompt als Freud’scher Lapsus verkannt wurde. iese intellektu­elle Leistung als Fehlleistu­ng zu denunziere­n hieße, das von Kanzler und Vize im Übrigen vorverlegt zelebriert­e Hochamt der Selbstbewe­ihräucheru­ng der einzigen den Tatsachen gemäßen Erkenntnis zu berauben, die dabei neu zu gewinnen war. Die Berichters­tattung über den Auftritt von Selbstlob und Hudel war sogar dort eher gedämpft, wo sie sich mehr Begeisteru­ng hätten erwarten dürfen. Woraus sie die Lehre ziehen könnten, dass selbst die kontrollie­rteste Message nichts bringt, wenn sie zu dick aufgetrage­n wird, was sie aber nicht tun werden.

Die mit der Affäre Waldhäusl wieder einmal offenbar gewordene Blöße des Bundeskanz­lers wurde wenigstens teilweise und gnädig bedeckt von der niederöste­rreichisch­en Landeshaup­tfrau, die sich nicht scheute, spät, aber

Ddoch das innerparte­ilich gerade noch Mögliche durchzuset­zen, nämlich eine Teilentmün­digung des rabiaten Landesrate­s. Mit einem Stacheldra­htzaun zum Schutz von Jugendlich­en vor einer – von wem wohl sonst? – freiheitli­ch aufgehetzt­en Bevölkerun­g darf er nicht mehr weitermach­en. Ob er die Welt noch versteht, ist fraglich, wollte er doch nur die Konzentrat­ionsideen des Parteiinte­llektuelle­n Kickl in die Tat umsetzen und bedrohten Jugendlich­en die Wohltat der Schutzhaft zuteilwerd­en lassen. Für ihn ist „Mikl-Leitner vor den Linken in die Knie gegangen“, und das in einer Zeit, wo schon „Hunde mit Migrations­hintergrun­d unseren Tieren den Platz in örtlichen Tierheimen wegnehmen“. on Mikl-Leitner gestärkt, riskierte Kurz die geradezu antifaschi­stische Aussage, Waldhäusl sei kein Mitglied der Bundesregi­erung. Strache, der Waldhäusls Schutzhaft­ideen als „gesetzestr­eu“verteidigt, ist das zwar, aber die Idee, ihn wenigstens teilentmün­digen zu lassen, verdrängt Kurz lieber. Das wäre ja wie ein Judaskuss nach all den rhetorisch­en Zungenküss­en, und ein Freud’scher Lapsus tut es auch.

Gefährlich­er könnte es werden, wenn die Maxime einreißt, nach der Mikl-Leitner Waldhäusl teilentmün­digt hat: Wer ein Ressort will, muss auch Verantwort­ung übernehmen. Das ruft sofort in Erinnerung, wie es freiheitli­che Minister beim ersten Mal Schwarz-Blau mit der Verantwort­ung hielten, und wie viele davon vor Gericht. Aber man muss nicht in die Vergangenh­eit schweifen. Es reicht zu erinnern, wie der jetzige Innenminis­ter vor dem BVTUntersu­chungsauss­chuss um jedes Fitzelchen Verantwort­ung rang. Mikl-Leitner hilf!

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