Verfassungsgericht stoppt Ausbürgerung von Austrotürken Richtungsentscheid für Doppelstaatsbürger Wiener behält österreichischen Pass
Verfassungsgericht stoppt Ausbürgerung
Wien – In einer richtungsweisenden Entscheidung gab der Verfassungsgerichtshof (VfGH) einem Wiener mit türkischen Wurzeln, der seine Ausbürgerung bekämpft hatte, recht. Der Mann war ins Visier der Behörden geraten, weil er sich wie tausende andere Austrotürken auf einer von der FPÖ an die Behörden übermittelten Namensliste befand. Die Liste wurde zum Auslöser einer Massenüberprüfung wegen des Verdachts auf rechtswidrige Doppelstaats- bürgerschaft. Die Behörde hatte den Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft festgestellt, weil der Mann nicht beweisen konnte, dass er kein türkischer Staatsbürger ist.
Der VfGH hat nun erklärt, man dürfe Betroffenen nicht abverlangen, sich im Verfahren freizubeweisen. Zudem sei die Namensliste kein taugliches Beweismittel. Der Spruch könnte Folgen für tausende weitere Verfahren haben. (red)
Wien – In der Causa um mutmaßlich illegale Doppelstaatsbürger türkischer Abstammung liegt nun eine richtungsweisende Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) vor. Ein Wiener türkischer Abstammung, dem die österreichische Staatsbürgerschaft aberkannt worden war, hatte sich mithilfe seines Anwalts an den VfGH gewandt und dort recht bekommen. Das bestätigte der Anwalt im ΔtEndErd- Gespräch. Die Entscheidung könnte Präzedenzwirkung für zahlreiche ähnliche Verfahren haben.
Der Wiener hatte versucht, den Behörden zu beweisen, dass er kein türkischer Staatsbürger ist. Allerdings war es ihm seinen Angaben zufolge nicht gelungen, sich bei den türkischen Behörden die dafür nötigen Dokumente zu besorgen. Die Wiener Behörden glaubten dem Mann daher nicht und gingen davon aus, dass er sich nach seiner Einbürgerung in Österreich wieder in der Türkei hatte einbürgern lassen – dass er also unrechtmäßigerweise ein Doppelstaatsbürger sei. Der Mann wurde ausgebürgert, beschwerte sich gegen diese Entscheidung vor Gericht, verlor aber bislang in allen Instanzen.
Klare Worte
Nun gibt der Verfassungsgerichtshof dem Mann recht und findet klare Worte zu der umstrittenen Namensliste, die der Auslöser der massenhaften Prüfverfahren in allen Bundesländern war. Die Liste, so heißt es in der VfGHEntscheidung, sei „nicht authentisch“. Der Datensatz, der von den österreichischen Behörden als Auszug einer türkischen Wählerevidenz angesehen wird, sei „hinsichtlich seiner Herkunft und des Zeitpunktes seiner Entstehung nicht zuordenbar“. Es sei daher ausgeschlossen, dass die Liste ein taugliches Beweismittel darstellen könne. Zudem sei es verfassungswidrig, dass Behörden es auf die Betroffenen überwälzen, sich in den Feststellungsverfahren de facto freizubeweisen und darzulegen, dass sie keine türkischen Staatsbürger sind. Tausende Feststellungsverfahren sind derzeit bei den Einbürgerungsämtern der Bundesländer anhängig.