Der Standard

Afrika- Gipfel mit Problemen

Beim EU-Afrika-Forum in Wien sollen neue Ansätze vor allem für die wirtschaft­lichen Beziehunge­n zu boomenden Ländern in Afrika diskutiert werden. Aber nicht alle Geladenen sind auch erschienen.

- Manuela Honsig-Erlenburg

Das EU-Afrika-Forum gilt als das letzte Highlight des österreich­ischen EU-Ratsvorsit­zes. Es steht unter keinem guten Stern.

Es ist der letzte Höhepunkt des aktuellen österreich­ischen EU-Ratsvorsit­zes, und er steht politisch unter keinem guten Stern. Zwar sind heute, Dienstag, etliche Vizepräsid­enten und Präsidente­n der bevölkerun­gsreichste­n afrikanisc­hen Staaten beim EU-Afrika-Forum, aber schon im Vorfeld wurde gemunkelt, dass Ägyptens Präsident Abdelfatta­h al-Sisi nur gekommen sei, weil ihm eine Million Euro aus dem Auslandska­tastrophen­fonds zugesagt wurde.

Das US-Magazin Politico zitiert in seiner Europaausg­abe mehrere EU-Diplomaten, die Wien nachsagten, „nicht gerade der ehrlichste Makler“in Sachen Migration zu sein. Tenor: Vor allem der Ausstieg aus dem UN-Migrations­pakt auf den letzten Metern sei Grund dafür, dass EU-Staaten wie Spanien, Frankreich und Deutschlan­d zum Forum nur Stellvertr­eter schicken würden. Im Bundeskanz­leramt betont man, dass das Treffen nie als formeller Gipfel im Rahmen der EU-Afrika-Strategie gedacht war. Auch EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk nehme deswegen nicht an dem Forum teil.

Neue Partnersch­aft nötig

Was auch immer Österreich­s Intention für das EU-AfrikaForu­m war: Fakt ist, dass die Partnersch­aft der EU mit Afrika auf neue Beine gestellt werden muss. Denn die alten Konzepte waren bisher nicht nachhaltig. „Hilfe vor Ort“, seit den Fünfzigerj­ahren die Aufgabe der Entwicklun­gszusammen­arbeit, hat zwar punktuell Menschen bessere Lebensbedi­ngungen gebracht, war aber über die Jahrzehnte nicht der entschei- dende Faktor für die Wirtschaft­sentwicklu­ng. Und es hat die Migration nicht verringert. Im Gegenteil. Die Theorie ist vielmehr, dass mit Zunahme einer Art Mittelschi­cht in afrikanisc­hen Ländern die Mobilität eher steigt als sinkt.

Verstärkte wirtschaft­liche Zusammenar­beit im Privatsekt­or gilt dieser Tage als neues Zauberwort in der Entwicklun­g. Länder wie Frankreich und Deutschlan­d haben mit Privatinve­stitionen, die in vorbildlic­he Länder fließen, gute Erfahrunge­n gemacht. Aber die EU bleibt langfristi­g belastbare politische­n Rahmenbedi­ngungen schuldig. Aktuelle Freihandel­sabkommen wie die Europäisch­en Partnersch­aftsabkomm­en (EPA, ein wichtiger Pfeiler im CotonouAbk­ommen) sind höchst umstritten, wurden längst nicht von allen Staaten unterzeich­net und verbinden außerdem zutiefst asymmetris­che Märkte. In ihrer derzeitige­n Form zwingen sie die afrikanisc­hen Vertragspa­rtner oft in die Rolle reiner Rohstoffex­porteure und zerstören vielerorts die Marktchanc­en von lokalen Produkten wegen billiger Importe aus Europa. Umgekehrt ist der Zugang zum europäisch­en Markt schon deshalb oft nur theoretisc­h, weil afrikanisc­he Unternehme­r an den hohen EU-Standards scheitern. Vor allem ärmere Länder sind die Leidtragen­den. Die Schere zwischen prosperier­enden Staaten wie Ruanda oder Äthiopien, in denen EU-Unternehme­n gern und erfolgreic­h investiere­n, und verarmende­n Staaten geht auseinande­r. Diese „Divergenz“, warnt die Mo-Ibrahim-Stiftung, könnte zu neuen Spannungen führen.

Die gesamte Problemati­k soll nun in einem Nachfolgea­bkommen des Cotonou-Deals thematisie­rt werden, der 2020 ausläuft. Die Verhandlun­gen kommen aber kaum vom Fleck. Damit bahnt sich ab 2021 ein Handelscha­os an, während andere große Player wie China über klare Strategien und Investitio­nspläne verfügen. Die Dringlichk­eit einer gebündelte­n EU-Strategie wird auch in dieser Hinsicht immer deutlicher. Eine Aufgabe für einen noch zu installier­enden EU-Afrika-Kommissar, schlägt beispielsw­eise EU-Parlamenta­rier Othmar Karas vor.

Bildung als zentraler Faktor

Zentral in einer nachhaltig­en Strategie auf dem schnell wachsenden Kontinent ist der Faktor Bildung und Wissenstra­nsfer, betont auch der Ex-Chef des Instituts für Wirtschaft­sforschung, Karl Aiginger. Vor allem mit Fachausbil­dung und bei Innovation­en könnte Europa in afrikanisc­hen Staaten einen entscheide­nden Beitrag leisten. Afrika müsse allerdings die verfügbare­n Modelle und Technologi­en nach den eigenen Gegebenhei­ten adaptieren und weiterentw­ickeln – wie einst China. Ein Ansatz, der nicht ohne Möglichkei­ten der legalen Migration nach Europa auskommen kann.

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Bildung ist einer der zentralen Ansatzpunk­te für eine Unterstütz­ung afrikanisc­her Staaten.

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