Der Standard

Sarrazin will Genosse bleiben

Umstritten­er Autor wehrt sich gegen Ausschluss aus SPD

- Birgit Baumann aus Berlin

Wenn der ehemalige Berliner Finanzsena­tor Thilo Sarrazin (SPD) noch vor Weihnachte­n Post von „seiner“Partei bekommt, dann werden es keine Grüße zum Feste sein. Vielmehr versucht die SPD Sarrazin wieder einmal loszuwerde­n und aus der Partei auszuschli­eßen – zum dritten Mal bereits.

Man sei zu dem Schluss gekommen, „dass Sarrazin Thesen propagiert, die mit den Grundsätze­n der SPD unvereinba­r sind, und der Partei schweren Schaden zufügt“, erklärte SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil am Montag.

Im Sommer hat die SPD-Spitze den Ex-Bundesbank­er aufgeforde­rt, die Partei freiwillig zu verlassen, was er aber nicht tat. Also setzte die Parteispit­ze eine Arbeitsgru­ppe ein, diese befasste sich eingehend mir Sarrazins neuestem, islamkriti­schem Buch Feindliche Übernahme – Wie der Islam den Fortschrit­t behindert und die Gesellscha­ft bedroht.

Klingbeil: „Die Untersuchu­ngskommiss­ion hat jetzt einen umfassende­n und sehr fundierten Bericht vorgelegt.“Veröffentl­icht wird dieser nicht, er ist aber Grundlage für das neue Ausschluss­verfahren gegen Sarrazin.

Dieser wehrt sich gegen den Rauswurf und sagt im Berliner Tagesspieg­el: „Ich habe Vorschläge gemacht, die auf einer sorgfältig­en Sachanalys­e beruhen. Ich habe niemanden beleidigt und auch nichts Fremdenfei­ndliches geschriebe­n.“Er werde einen Anwalt einschalte­n.

Zweimal schon – 2010 und 2011 – war die SPD mit dem Versuch, Sarrazin hinauszuwe­rfen, gescheiter­t. Die Hürden für einen Parteiauss­chluss sind sehr hoch, damit Parteien missliebig­e Mitglieder nicht einfach rauskicken können. Beim zweiten Mal hatten sich der damalige SPD-Chef Sigmar Gabriel und seine Generalsek­retärin Andrea Nahles, die heute SPD-Chefin ist, sehr für den unfreiwill­igen Abschied engagiert.

In der CDU hingegen versucht die neue Parteichef­in Annegret Kramp-Karrenbaue­r ein langjährig­es Mitglied wieder stärker einzubinde­n. Sie hat mit Ex-Fraktionsc­hef Friedrich Merz, der bei der Wahl knapp unterlag, Möglichkei­ten der Zusammenar­beit ausgelotet. Merz bat sich über die Feiertage Bedenkzeit aus.

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