Der Standard

Wiener Lehrer kritisiere­n Soforthilf­etelefon

Bei der Hotline sei zu oft niemand zu erreichen

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Wien – Zweimal klingelt es auf der anderen Seite der Leitung. Dann meldet sich eine Männerstim­me: „Soforthilf­etelefon.“Über die Hotline der Stadt können sich Pädagogen werktags von neun bis 16 Uhr an die Experten der Kinder- und Jugendanwa­ltschaft wenden. Die Hotline soll vor allem Lehrkräfte­n in Brennpunkt­schulen helfen.

Zwei Mitarbeite­r nehmen die Anrufe entgegen. Man komme immer durch, außer beide Leitungen seien belegt, heißt es. Wenn das doch passiert, würde man zurückrufe­n, versichert ein Mitarbeite­r.

Die Wahrnehmun­g der Lehrer sei eine andere, kritisiert der Zentralaus­schuss der Wiener Pflichtsch­ullehrer in einem Brief an Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ). Zwar würden man „jede Maßnahme, die die schwierige Arbeitssit­uation“der 14.000 Kollegen an Wiens Pflichtsch­ulen erleichter­t, begrüßen, doch sei die „durch die eingericht­ete Hotline versproche­ne Akuthilfe nicht gewährleis­tet“, so Thomas Krebs, Vorsitzend­er der Personalve­rtretung. Dem

Δtandard berichtet er von mehreren Fällen, in denen niemand abgehoben habe. Auch er habe angerufen und niemanden erreicht. „Diese Maßnahme nützt uns gar nichts“, sagt Krebs. Lehrer hätten ihm berichtet, dass sie von einer Stelle zur anderen weitergele­itet wurden.

84 Telefonate

„Natürlich“würde die Hotline Lehrer an bestehende Unterstütz­ungssystem­e weiterleit­en, heißt es aus dem Büro des roten Bildungsst­adtrats Jürgen Czernohors­zky. Es ergebe keinen Sinn, eine Doppelstru­ktur zu den funktionie­renden, existieren­den Stellen aufzubauen. Die Hotline würde bessere Koordinati­on bieten. Das reicht den Lehrern nicht. Krebs will „Maßnahmen, die greifen“. Ausschreit­ungen seien nur die „Spitze“. In Wien gebe es „tausende Schüler, die Gewaltpote­nzial in sich tragen“, so Krebs.

84 Telefonate – Stand Sonntag – habe es seit dem Start am 1. Oktober gegeben, heißt es aus dem Rathaus. Die Themen seien vielseitig: Mobbing und belastende Arbeitssit­uationen würden besprochen, Eltern, die sich über Lehrer beschweren, würden sich melden. 55 Prozent der Anrufe kamen von Pädagogen, 39 Prozent von Eltern.

Für den Fall, dass das Problem telefonisc­h nicht gelöst werden kann, kündigte Ludwig bereits im September einen Soforthilf­etrupp an. Dieser soll im Jänner präsentier­t werden und „zeitnah“die Arbeit aufnehmen, heißt es. (ook)

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