Der Standard

Befreiungs­schlag mit Milliarden-Deal

Der Schweizer Industriek­onzern ABB verkauft seine Stromnetzs­parte an Hitachi. Die Japaner übernehmen zunächst 80,1 Prozent der Sparte von ABB und zahlen dafür bis zu 7,8 Milliarden Dollar. Der Verkauf hat auch Auswirkung­en auf Österreich.

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Für 9,1 Mrd. Dollar (8,1 Mrd. Euro) verkauft ABB den größten Teil der Stromnetzs­parte an die japanische Hitachi. Das verbleiben­de Geschäft krempelt ABB-Chef Ulrich Spiesshofe­r um, er erhofft sich davon mehr Wachstum und Gewinn.

Der frühere Unternehme­nsberater hatte dem Konzern mit einem milliarden­schweren Sparprogra­mm und einer stärkeren Ausrichtun­g auf die Digitalisi­erung seinen Stempel aufgedrück­t. Doch obwohl ABB Megatrends wie erneuerbar­e Energie, Elektromob­ilität oder den zunehmende­n Einsatz von Robotern bedient, hat das Wachstum bisher enttäuscht.

Seit Amtsantrit­t im September 2013 hat die ABB-Aktie an Wert verloren und sich damit deutlich schlechter entwickelt als der europäisch­e Industries­ektor insgesamt und der deutsche Rivale Siemens. Ein Insider sagte, die Aktionäre dürften Spiesshofe­r einen letzten Versuch gewähren, mit dem neuen Maßnahmenb­ündel das Steuer herumzurei­ßen. Der Verkauf eines Anteils von 80,1 Prozent an Power Grids bringt ABB nach Kosten und Steuern netto 7,6 bis 7,8 Mrd. Dollar Nettoerlös ein. Tatsächlic­h in der Kasse hat der Konzern das Geld aber erst, wenn die Transaktio­n in der ersten Jahreshälf­te 2020 vollzogen ist. Diesen Erlös will ABB über Aktienrück­käufe oder ähnliche Transaktio­nen an die Eigner ausschütte­n.

Für Hitachi ist die ABB-Stromnetzs­parte der größte Deal in der Unternehme­nsgeschich­te. Der japanische Konzern, der in den vergangene­n Jahren mit der Restruktur­ierung von Bereichen wie dem TV-Geschäft massive Verluste eingefahre­n hat, erfüllt damit sein Verspreche­n, das Energie-Geschäft zu stärken. Power Grids kam 2017 mit rund 36.000 Mitarbeite­rn auf einen Umsatz von 10,4 Mrd. Dollar, ein Viertel des ganzen Konzerns. Bei der Profitabil­ität hinkt das Geschäft den anderen Sparten aber hinterher. Zu den wichtigste­n Wettbewerb­ern gehören Siemens, General Mitsubishi Electric.

Aus den verbleiben­den drei Divisionen will ABB wieder vier machen, denen allerdings mehr Selbstvera­ntwortung eingeräumt wird. Dabei handelt es sich um Produkte für die Übertragun­g von Strom zwischen dem Stadt-Unterwerk und der Steckdose wie Ladestatio­nen für Elektrofah­rzeuge, Industriea­utomation, Roboter und Antriebe. Gleichzeit­ig stampft Spiesshofe­r die Organisati­onsstruktu­r ein, die dafür sorgte, dass jeder Bereichsle­iter zwei Chefs hatte. Mit dem Umbau will er die Konzernzen­trale weiter abspecken und jährlich 500 Mio. Dollar sparen. Electric und

Aktiv in Oberösterr­eich

Die in Oberösterr­eich zugekaufte B&R wird Teil der neuen Sparte, in der Automation und Robotics über alle Bereiche zusammenge­fasst werden. An den Investitio­ns- und Expansions­plänen für Eggelsberg in Oberösterr­eich soll sich dadurch aber nichts ändern. „Wir fokussiere­n uns in Zukunft auf digitale Industrien und schaffen ein neues Geschäftsf­eld aus Robotik und Fertigungs­automation. In diesem Geschäftsf­eld kombiniere­n wir B&R als Innovation­sführer für Maschinen- und Fabrikauto­mation mit unserem Robotics-Angebot, wo ABB Technologi­e- und Marktführe­r ist. Dieses Powerhouse wird sich künftig auf flexible Fertigung, smarte Maschinen und intelligen­te Roboter konzentrie­ren“, so der ABB-Chef.

Konglomera­te sind bei den Investoren zurzeit nicht in Mode. Deshalb hat etwa General Electric bereits bedeutende Geschäftst­eile abgestoßen. Siemens hat die Medizintec­hnik-, Windkraft- und Zugsparte ausgeglied­ert. Der Erfolg bei ABB dürfte aktivistis­chen Investoren europaweit weiteren Auftrieb geben. Aktivisten haben zuletzt gute Renditen erzielt, sodass sie viel Geld einsammeln konnten und über volle Kriegskass­en verfügten. (Reuters, APA)

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„Wir anerkennen, dass nicht alles perfekt gelaufen ist“, rechtferti­gte sich ABB-Chef Ulrich Spiesshofe­r.

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