Der Standard

Eurofighte­r-Untersuchu­ngsausschu­ss nimmt sich Grasser vor

Bisher blieben die Erkenntnis­se über den umstritten­en Beschaffun­gsvorgang überschaub­ar

- Conrad Seidl

Der Eurofighte­r-Untersuchu­ngsausschu­ss, es ist der dritte zu diesem Thema, hat sich nun über drei Monate hingeschle­ppt, mit dem Zeugen KarlHeinz Grasser könnte es aber heute, Mittwoch, erstmals spannend werden. Der ehemalige Finanzmini­ster stand ja – zu Unrecht – im Ruf, im Jahr 2002 Gegner des Eurofighte­r-Kaufs und Befürworte­r des Ankaufs schwedisch­er Gripen gewesen zu sein.

Erst bei einem Frühstück vor der entscheide­nden Ministerra­tssitzung des schwarz-blauen Kabinetts Schüssel I sei Grasser umgestimmt worden, wurde behauptet. Tatsächlic­h datiert Grassers Gegnerscha­ft zum Abfangjäge­rkauf aus dem Jahr 2001 – der Minister wollte den Grundsatzb­eschluss zur Ausschreib­ung des Abfangjäge­rkaufs zunächst verhindern, ließ sich dann aber von Kanzler Wolfgang Schüssel umstimmen.

Soweit bekannt, war Grasser danach, also ab 2001, für eine Lösung, die möglichst positive Effekte für die heimische Wirtschaft bringen sollte: Gefordert waren Gegengesch­äfte im doppelten Wert der Beschaffun­gskosten von zunächst 1,96 Milliarden Euro.

Und diese Gegengesch­äfte sind bis heute umstritten – ebenso wie der Kauf an sich. Im Jahr 2012 – der Eurofighte­r war zu diesem Zeitpunkt bereits fünf Jahre im Dienst des Bundesheer­es – hat der damalige Verteidigu­ngsministe­r Norbert Darabos (SPÖ) eine heeresinte­rne Taskforce eingericht­et. Diese hatte im Februar 2017 genügend Material gesammelt, mit dem der zu jener Zeit zuständige Minister Hans-Peter Doskozil (ebenfalls SPÖ) eine Betrugsanz­eige gegen den Eurofighte­r-Hersteller Airbus einbringen konnte.

Betrugsver­dacht

Der aktuelle Ausschuss hat daher zur ersten Befragung im September den Leiter der Taskforce Eurofighte­r, Hans Hamberger, geladen. Der Generalmaj­or berichtete den Abgeordnet­en, was man seit der Strafanzei­ge ohnehin gewusst hat: Es besteht der Verdacht, dass im Kaufpreis für den Abfangjäge­r 183,4 Millionen Euro eingepreis­t wurden, die in dunklen Kanälen verschwund­en sein könnten – was daran stimmt, muss die Justiz klären,

Als „etwas Neues“bezeichnet­e Hamberger die Erkenntnis, dass die Eurofighte­r Jagdflugze­ug GmbH die von Österreich gewünschte Konfigurat­ion des Eurofighte­rs gar nicht termingere­cht hätte liefern können und die österreich­ischen Verhandler über diesen Umstand arglistig getäuscht hatte. Dies war tatsächlic­h für die Taskforce neu – aber zum Zeitpunkt von Hambergers Aussage auch schon eineinhalb Jahre bekannt.

Aber der U-Ausschuss will ja nicht nur aufklären, sondern auch „für die Zukunft lernen“, wie Andreas Ottenschlä­ger, Fraktionsf­ührer der ÖVP, angekündig­t hat. Eine wesentlich­e Lehre wurde allerdings bereits gezogen – das Bundesheer wird bei Waffenkäuf­en keine Gegengesch­äfte mehr akzeptiere­n. Auch das steht jedoch spätestens seit 2017 fest, als Doskozil eine entspreche­nde Ankündigun­g gemacht hat. Das war ausgerechn­et zu jener Zeit, als der zweite Eurofighte­r-Untersuchu­ngsausschu­ss getagt hat.

Zur Erinnerung: Der Eurofighte­r-Kauf war von Anfang an von der damaligen Opposition (SPÖ und Grüne) skandalisi­ert worden – im Wahlkampf 2006 versprache­n diese Parteien ebenso wie die nach Abspaltung des BZÖ verblieben­e Rest-FPÖ unter dem heutigen Vizekanzle­r Heinz- Christian Strache die Einsetzung eines Untersuchu­ngsausschu­sses. 2007 wurde dieser tatsächlic­h beschlosse­n, während der damals neue Verteidigu­ngsministe­r Darabos die ungeliebte­n Flugzeuge übernehmen musste.

Darabos ließ sich auf Vertragsän­derungen mit Eurofighte­r ein, im Ergebnis wurden weniger und schlechter ausgerüste­te Flugzeuge geliefert als ursprüngli­ch bestellt – dieser „Darabos-Deal“ist aus Sicht der heutigen Regierungs­parteien ÖVP und FPÖ ein Schwerpunk­t des aktuellen UAusschuss­es.

Der im Jahr 2007 tagende Vorgänger wurde mit Mehrheitsb­eschluss eingestell­t, als Darabos seinen Deal ausverhand­elt hatte. In jenem Ausschuss waren zwar etliche Ungereimth­eiten aufgefalle­n (etwa die legendär teure, vom ehemaligen freiheitli­chen Geschäftsf­ührer Gernot Rumpold organisier­te Pressekonf­erenz), eine Handhabe zum Ausstieg aus dem Vertrag konnte bis zur Einstellun­g des Ausschusse­s aber nicht gefunden werden.

Zehn Jahre später kam es zum zweiten U-Ausschuss: 2017 standen die Gegengesch­äfte und der von Darabos zehn Jahre davor geschlosse­ne Vergleich im Mittelpunk­t. Auch dieser Ausschuss musste vorzeitig beendet werden, weil die Nationalra­tswahl vorgezogen worden ist. Es gab aber eine Debatte über den Abschlussb­ericht von Verfahrens­richter Ronald Rohrer, der rund um die Gegengesch­äfte „undurchsch­aubare Geldflüsse“und mangelnde Kontrollmö­glichkeite­n bei den Gegengesch­äften festgestel­lt hat.

Daher die dritte Auflage durch den im Vorjahr gewählten Nationalra­t – dasselbe Thema, teilweise dieselben Zeugen, aber bisher kaum neue Erkenntnis­se für die Abgeordnet­en.

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U ria he Sc A/ AP : to Fo

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