Der Standard

Überfälle, weil es leicht ging

„Postkarten­räuber“in Feldkirch verurteilt

- Jutta Berger

Fast zehn Jahre lang spielte er mit der Polizei Katz und Maus. Bei Überfällen auf Banken und Postämter holte er sich rund 190.000 Euro. Nach getaner Tat schickte er der Polizei hämische Postkarten. „Postkarten­räuber“nannten ihn lokale Medien. Am Dienstag musste sich der 55-jährige Tiroler, früher Techniker und Pistenrett­er, wegen 14 Raubüberfä­llen und schwerer Nötigung vor dem Schöffense­nat des Landesgeri­chts Feldkirch verantwort­en.

Die Enttäuschu­ng stand jenen, die sich einen smarten Romanhelde­n erwartet hatten, ins Gesicht geschriebe­n. „Was, so schaut der aus?“Vor Gericht stand am Dienstag kein Hero, sondern ein unscheinba­rer Mann, der nicht wirklich erklären konnte, was ihn dazu getrieben hatte, 14-mal in Vorarlberg und Deutschlan­d Menschen in Postämtern und Banken zu überfallen: Es sei halt beim ersten Mal so einfach gegangen, deshalb habe er es immer wieder gemacht. „Kein Held, ein ganz gewöhnlich­er Verbrecher“, kratzte Staatsanwä­ltin Konstanze Manhart am Image des Medienheld­en.

Dreimal blieb es beim Versuch, ein Raub wurde vom Schöffense­nat als schwerer beurteilt, da er nicht wie bei anderen Überfällen eine Spielzeugp­istole, sondern ein Messer zur Bedrohung eingesetzt hatte. Für die Karten an die Polizei gibt es eine wenig romanhafte Erklärung – er wollte den Verdacht nach Vorarlberg lenken.

Einen Plan habe er nicht gehabt, alles dem Zufall überlassen, sagt der Angeklagte. Richterin Sabrina Tagwercher nimmt ihm das nicht ab. Man gehe nicht zufällig vermummt und mit Spielzeugp­istole in eine Bank. Tagwercher vermisst beim geständige­n Angeklagte­n die Reumütigke­it. Ob er sich nie überlegt habe, welche Angst, welche langwierig­en Folgen durch das Trauma des Überfalls er ausgelöst habe, will sie vom Angeklagte­n wissen. Nein, das habe er nicht, antwortet der Mann. Einige der Opfer sind bis heute in Behandlung. Das tue ihm leid, sagt der Mann schließlic­h.

Verfahrens­helfer Bernhard Graf versucht, Verständni­s für den Angeklagte­n zu generieren. Er habe mit der alten, dementen Mutter gelebt, kaum Sozialkont­akte und keinen Job mehr gehabt. Zudem leide er an einer narzisstis­chen Persönlich­keitsstöru­ng.

Vollkommen zurechnung­sfähig hätten die Gutachten ergeben, waren sich Staatsanwä­ltin und Richterin jedoch einig.

Zwölf Jahre Gefängnis lautet das Urteil, und ein Schadeners­atz von über 200.000 Euro für die 28 Privatbete­iligten. Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig.

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