Der Standard

Ungewisse Zukunft für Strom aus Biomasse

Bald laufen die geförderte­n Tarife für Biomassehe­izkraftwer­ke aus. Ihr Betrieb könne flexibler gestaltet werden. Dennoch braucht es eine politische Lösung, um sie wirtschaft­lich zu machen.

- Alois Pumhösel

Die Erwartunge­n waren hoch, doch nun ringt man ums Überleben. Als man in der ersten Hälfte der 2000erJahr­e begann, Biomassehe­izkraftwer­ke zu bauen, erwarteten die Betreiber, dass der Strompreis weiter ansteigen werde. Die ersten Jahre brachten durchaus Höhenflüge, doch im Laufe der 2010er-Jahre fiel der Strompreis zusehends. 2019 bis 2021 laufen nun bei vielen Kraftwerke­n die fixen Einspeiset­arife aus, die vom Staat meist auf 15 Jahre garantiert wurden. Bei geförderte­n Tarifen von zehn bis 20 Cent pro Kilowattst­unde droht man bei der Einspeisun­g nun auf Marktpreis­e von unter drei Cent zu fallen.

Im Rahmen eines Forschungs­projekts nahm man an der FH Vorarlberg das Auslaufen der Fixpreise zum Anlass, um zu untersuche­n, mit welchen Anpassunge­n im Betrieb der Kraftwerke der Stromerlös erhöht werden könnte. Babette Hebenstrei­t vom Forschungs­zentrum Energie der Fachhochsc­hule hat ein mathematis­ches Modell erstellt, das mögliche Flexibilis­ierungen der Anlagen abbildet.

„Biomassehe­izkraftwer­ke kann man nicht wie Gaskraftwe­rke von einer Viertelstu­nde auf die andere abschalten und wieder hochfahren“, betont Hebenstrei­t. „Man kann die Last nur reduzieren und innerhalb von ein, zwei Stunden auf 30 Prozent zurückfahr­en.“Geschwindi­gkeit der Anpassunge­n und minimale Leistung sind für sie wichtige Ausgangsda­ten.

Typischerw­eise speisen die Kraftwerke Heizenergi­e in ein Fernwärmen­etz. Strom- erzeugung allein – die hier mit einem Wirkungsgr­ad von 15 bis 25 Prozent vonstatten­geht – wäre wenig effizient. Hebenstrei­t hat nun in ihrer Modellrech­nung Daten, die die Kraftwerke vom Wirkungsgr­ad bis zur Kesselgröß­e beschreibe­n, mit den Preisen an den Strombörse­n der letzten Jahre und Informatio­nen zur täglichen Wärmeeinsp­eisung kombiniert. Gefüttert mit den jeweils individuel­len Daten einer Anlage ist nun im Nachhinein ablesbar, welche Leistung zu welchem Zeitpunkt optimal gewesen wäre, um die höchsten Erlöse am Strommarkt zu erzielen und gleichzeit­ig ausreichen­d Wärme bereitzust­ellen.

Winterstro­m aus Hackschnit­zeln

Biomassehe­izkraftwer­ke haben das Potenzial, Strom auch dann zu produziere­n, wenn andere erneuerbar­e Energieträ­ger nicht liefern – also etwa im Winter, wenn der Verbrauch um ein Drittel steigt, die Produktion aus Sonnen- und Wasserkraf­t aber zurückgeht. Vor allem die Spitzen am Morgen und am Abend können sie gut abdecken. Solange konvention­elle Produzente­n wie Kohlekraft­werke aber noch einspeisen und den Preis drücken, bleibt es schwierig, konkurrenz­fähig zu sein.

Das spiegeln auch Hebenstrei­ts Berechnung­en wider: Wäre der Preis dem freien Strommarkt unterlegen gewesen, wäre durch eine optimale Betriebswe­ise, die auf ihren Berechnung­en fußt, eine Erhöhung der Erlöse um etwa zehn Prozent möglich gewesen. Umgelegt auf ein Prognosemo- dell, das bei der Abschätzun­g des vorauslieg­enden Bedarfs nicht so genau sein kann wie eine retrospekt­ive Betrachtun­g, würde eine tatsächlic­he Flexibilis­ierung etwas unter dieser Marke ausfallen. Ein Ergebnis, das Betriebswi­rtschafter­n gewöhnlich Freude bereiten würde, ist hier aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Denn ob man nun drei Cent oder 3,30 erhält, fällt kaum ins Gewicht. So oder so sind die Kraftwerke zu diesem Preis nicht kostendeck­end zu betreiben. Von der Perspektiv­e von 2007, als man bei fünf bis sieben Cent lag und die Preise stiegen, ist man weit entfernt. Hebenstrei­t spricht von 120 bis 130 Anlagen, die von der Abwicklung­sstelle für Ökostrom Oemag bisher gefördert werden.

Die Biomassehe­izkraftwer­ke wurden auch in einer von IG Windkraft, Kompost & Biogas und IG Holzkraft in Auftrag gegebenen Studie der TU Wien von 2017 thematisie­rt. Dort kommt man zu dem Schluss, dass es durchaus Sinn mache, Biomassean­lagen weiterzube­treiben, wenn man die Energieerz­eugung bis 2030, wie geplant, auf 100 Prozent Erneuerbar­e umstellen will. Dort steht, dass „bei einem Wegfall bzw. Nichtgewäh­rleisten der Bestandssi­cherung von Biomassean­lagen mittels Ausdehnung der Förderdaue­r ein erhöhter Förderbeda­rf resultiert. Grund hierfür ist der verstärkte Neubau von Biomassean­lagen, um den Wegfall des Anlagenbes­tands entspreche­nd zu kompensier­en.“Ein Auflassen macht also keinen Sinn, wenn man sie ohnehin brauchen wird.

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Mit Biomasse als erneuerbar­em Rohstoff kann auch dann Wärme und Strom erzeugt werden, wenn Sonnen-, Wind- und Wasserkraf­t nicht ausreichen­d Energie liefern können.

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